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Vom Pausenhof in den Abschiebeflieger
Patrick Lempges über die wachsende Zahl abgeschobener Kinder
Zu den normalen Problemen deutscher Schulkinder gehören Fragen wie »Bin ich beliebt?«, »Wie kann ich die nächste Mathe-Klassenarbeit bestehen?« oder »Warum ist die Lehrerin so doof?« Was nicht dazu gehören sollte, ist: »Kommt heute Nacht die Polizei und schiebt uns ab, Papa?« Wenn es um Abschiebungen geht, bemüht die Regierung gern das Bild kriminell gewordener Männer – so auch bei den letzten Abschiebeflügen in den Irak oder nach Afghanistan.
Nur stimmt dieses Bild nicht. Denn dieses Jahr wurden bereits über 1345 schulpflichtige Kinder und Jugendliche abgeschoben. Statt diesen jungen Menschen Sicherheit und einen Neuanfang zu bieten, verschafft Deutschland ihnen lieber ein Trauma. Ihre realen Sicherheitsinteressen werden einem abstrakten deutschen Sicherheitsbedürfnis geopfert. Unsichere Herkunftsländer werden dazu als sicher umdefiniert, um mehr Menschen ausweisen zu können. So sind Syrien und Afghanistan nun angeblich sicher genug, um dorthin abschieben zu können. Das ist zynisch: Denn für Deutsche gelten sie gleichzeitig als unsicher – so gibt das Auswärtige Amt weiterhin Einreisewarnungen für beide Länder aus.
Vor allem schadet die Praxis natürlich den minderjährigen Betroffenen. Darüber hinaus schadet sie aber auch einem – anders gedachten – Sicherheitsbedürfnis Deutschlands, der Finanzierung von Renten. Statt Debatten über eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit zu führen, sollte die Bundesregierung eingeschulte, integrierte Kinder nicht ausweisen.
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