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Linke in Essen angegriffen
Mutmaßliche Neonazis attackieren Mitglieder der Linkspartei und »Essen stellt sich quer« in Linienbus
Nach einer friedlichen Gegendemonstration gegen einen erneuten rechten Aufmarsch in Essen-Kray sind am Freitagabend Mitglieder der Partei Die Linke aus Essen sowie Mitglieder des Bündnisses »Essen stellt sich quer« Opfer eines gewalttätigen Angriffs geworden. Gleich mehrere Parteimitglieder wurden in einem Linienbus auf der Rückfahrt von der Demonstration gegen eine Veranstaltung und einen Aufzug der Jugendgruppe der rechtsextremen Partei »Die Heimat« (früher NPD) vom Stadtteil Kray in die Essener Innenstadt beleidigt, attackiert und verletzt.
»Ich habe selbst so einen enthemmten Gewaltausbruch noch nicht erlebt«, sagt Jennyfer Prus, Kandidatin der Partei Die Linke bei der Kommunalwahl in Essen, zu »nd«. Neben ihr sind noch drei weitere Personen leicht verletzt worden. Sie wurden vor Ort ärztlich versorgt. Prus berichtet: »Wir sind mit etwa 20 Leuten an der Bushaltestelle Kray-Süd in den Bus eingestiegen und haben uns dann auf die Sitzplätze verteilt.« An der nächsten Haltestelle sei eine Gruppe von knapp 20 jungen Männern, »dem Auftreten und Aussehen nach Nazis«, eingestiegen. »Es wurde kurz laut und dann sind die Nazis unvermittelt auf Genoss*innen losgegangen.«
Als sie einer angegriffenen Person helfen wollte, sei es zur Attacke auf sie gekommen: »Ich habe eigentlich nur noch Arme, Fäuste und Schuhsohlen gesehen.« Selbst als sie zu Boden ging, habe die Gruppe nicht aufgehört. »Es wurde wohl auch weiter auf andere Genossen eingeschlagen, die einfach nur noch die Arme übers Gesicht gehoben haben, um sich zu schützen.« Die linke Aktivistin sei sich »relativ sicher, dass das noch eine Weile weitergegangen wäre, wenn die Polizei nicht eingeschritten hätte«.
Das Bündnis »Essen stellt sich quer« kritisiert, es könne nicht sein, dass eine rechtsradikale Gruppe im Nachgang einer Demonstration unbeobachtet durch den Stadtteil marschieren und Menschen angreifen könne. Die Gewaltbereitschaft der Angreifer sei »völlig falsch bewertet« und unterschätzt worden, obwohl polizeiliche Verstärkung aus Wuppertal vor Ort war.
»Dieser feige Angriff richtet sich nicht nur gegen uns als Partei, sondern gegen die gesamte demokratische Stadtgesellschaft«, sagt Lisa Krass, Sprecherin des neuen Kreisverbands in einer Mitteilung. Die Linke Essen fordert darin von Polizei und Behörden, den Vorfall zügig und lückenlos aufzuklären und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Zugleich ruft sie alle demokratischen Kräfte in Essen zu Solidarität und gemeinsamer Haltung gegen rechten Hass und Gewalt auf.
Essen entwickelt sich nach Dortmund zunehmend zu einem Hotspot für Rechtsextreme in Nordrhein-Westfalen. Im Dezember fand in der Marienstraße 66a in Essen-Kray, in der Landesparteizentrale der »Heimat«, der Gründungskongress des »Landesverbands West« der Jungen Nationalen aus NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland statt. Es gibt zudem Verbindungen zur Partei »Der III. Weg«, die ihren Stützpunkt im Sauerland als »nationalrevolutionäre Anlaufstelle« bezeichnet.
»An Ostern wurde das Nachbarschaftswohnzimmer Coralle in Essen mit Buttersäure angegriffen und mit vielen Nazi-Stickern beklebt«, erinnert sich Felix Zimmermann vom Kreisverband Essen gegenüber »nd«. »Die wiederholten Angriffe auf unsere Mitglieder zeigen, dass rechtsextreme Strukturen in unserer Stadt weiterhin eine Gefahr darstellen«, sagt Tobias Umbreit, Kreissprecher der Linken Essen. Man lasse sich davon aber nicht einschüchtern.
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