Tour de France: Red Bull rüstet für den Sieg weiter auf

Das deutsche Team greift mit dem Tour-Dritten Lipowitz und Olympiasieger Evenepoel an

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 4 Min.
Florian Lipowitz (l.) war auch bei der Tour stärker als Remco Evenepoel (2.v.l.), im neuen Jahr fahren sie gemeinsam um Siege.
Florian Lipowitz (l.) war auch bei der Tour stärker als Remco Evenepoel (2.v.l.), im neuen Jahr fahren sie gemeinsam um Siege.

In Prag beginnt am Mittwoch eine Rundfahrt, bei der Deutschlands neuer Radstar Florian Lipowitz seine ersten Profisiege feierte. Sein Red-Bull-Team will in Zukunft wirklich die Tour de France gewinnen, nur weiß man beim deutschen Team noch nicht genau, mit welchem Rennfahrer: Denn im kommenden Jahr greift der Tour-Dritte Lipowitz gemeinsam mit dem Belgier Remco Evenepoel nach großen Siegen. Der Tour-Dominator Tadej Pogacar hingegen reflektiert schon über sein Karriereende.

Gelb gefällt

Im Juli 2023, die besten Radprofis erholten sich gerade von den Strapazen der Tour de France, brach der damals 22-jährige Lipowitz zur Czech Tour auf. In den Beskiden lockten der acht Kilometer lange Anstieg nach Pustevny oder die noch steilere Rampe nach Šternberk, die vor allem durch Motorsportrennen bekannt geworden ist. Der Laichinger war gerade in seinem ersten Profijahr, ließ aber schon im Frühjahr mit einem bravourösen Ausreißversuch bei der Tour of the Alps aufhorchen. In Tschechien wurde er endgültig zum Siegfahrer. Auf der Regenetappe nach Pustevny verlor er zwar in der Abfahrt zwischenzeitlich den Anschluss. Auf dem Anstieg war er dann aber der Stärkste und holte sich Etappensieg und das Gelbe Trikot. Und Florian Lipowitz fand derart viel Gefallen an dem Textil, dass er es die nächsten Tage nicht mehr hergab und erstmals als Gesamtsieger einer Rundfahrt nach Hause fuhr.

»Ein Traum wurde wahr«, sagte Lipowitz damals. Fast wortgleich beschrieb er im Juli seinen dritten Platz bei der Tour de France. Seine Erfolge in Tschechien hatte er als »das Leben verändernde Resultate« bezeichnet – was sich spätestens bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt bewahrheitete.

Schlüsselfigur im Wechselgeschäft

Auch in diesem Jahr geht die Czech Tour hoch nach Pustevny. Die WorldTour-Teams Visma vom Tourzweiten Jonas Vingegaard und Soudal Quick Step von Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel sind am Start. Die Stars selbst machen nicht ihre Aufwartung, jüngere Fahrer erhalten eine Chance. Red Bull ist mit seiner U23-Abteilung dabei, deren Sportlicher Leiter der frühere belgische Nationalcoach Sven Vanthourenhout ist. Er führte Evenepoel zu seinen Olympiaerfolgen und galt als Schlüsselpersonalie im jüngsten Wechselgeschäft. Der Coach ist schon da, er soll beim Nachwuchs »Teamkultur und Teamstruktur von Grund auf kennenlernen«, wie der Red Bull mitteilte.

Der 25-jährige Evenepoel kommt zum Jahreswechsel zum deutschen Rennstall. Laut Informationen der »Gazzetta dello Sport« erhält er einen Dreijahresvertag mit einem Gesamtvolumnen von 20 Millionen Euro. Damit rückt er in der Geldrangliste des Radsports hinter den Slowenen Pogačar, der ein jährliches Grundgehalt von acht Millionen Euro beziehen soll, aber noch vor den Dänen Vingegaard, der um die fünf Millionen pro Jahr bekommen soll.

Neue Helfer

Auch sportlich will und soll sich Evenepoel in diesen Regionen bewegen und nichts Geringeres als die Tour de France gewinnen. Die Voraussetzungen sind gut. In seinem alten Team war er in den Bergen oft ohne Helfer, bei Red Bull ist davon auszugehen, dass Fahrer wie Lipowitz, Ex-Giro-Sieger Jai Hindley oder der junge Italiener Giulio Pellizzari auch am letzten Gipfel noch mit vorn sein können.

Mit Lipowitz verfügt der deutsche Rennstall nun über ein Luxusproblem. Der Schwabe wirkte in dieser Saison bei den direkten Aufeinandertreffen mit Evenepoel in den Bergen stärker, der Belgier ist hingegen eine Macht im Zeitfahren. Ob sich diese Konstellation zu einem Problem entwickelt, liegt an den taktischen Vorgaben. Wegen ihrer komplementären Veranlagung könnten beide eine perfekte Doppelspitze bei den Grand Tours bilden. Und zumindest Lipowitz ist einer, der auch anderen Erfolge gönnen kann. Evenepoel zeichnet sich bei allem persönlichen Ehrgeiz als jemand aus, der einen Stärkeren anerkennen kann.

Belgische Entourage

Eine weitere Herausforderung wird, die Entourage des Belgiers so ins Team zu integrieren, dass nicht zwei Lager entstehen – Team Remco und der Rest von Red Bull. Denn neben Trainer Vanthourenhout sollen weitere Vertraute Evenepoels zum Team wechseln: Rennfahrer Mattia Cattaneo als eine Art Leibwächter auf dem Rad, ein Masseur, ein Mechaniker und ein weiterer Sportlicher Leiter von Soudal Quick Step.

Unabhängig von diesen Verschiebungen der Kräfteverhältnisse äußerte Pogačar erste Gedanken zu einem Karriereende. »Ich zähle schon die Jahre, die ich noch bis zur Rente habe«, sagte der 26-Jährige im slowenischen Fernsehen: »Ich werde nicht sofort aufhören«, beruhigte er seine Fans, »aber ich werde nicht viel länger weitermachen. Die Olymischen Spiele 2028 in Los Angeles sind eines meiner Ziele. Danach werde ich übers Aufhören nachdenken.«

Evenepoel und Lipowitz müssen sich also beeilen, wenn sie Pogačar bei der Tour bezwingen und nicht als die in die Geschichte eingehen wollen, die erst nach dem Abtritt des Dominators zum Zuge kamen.

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