Wehrdienstgesetz: Mit Blockade zum Zwang

Patrick Lempges über das Hin und Her beim Wehrdienstgesetz

Die CDU will mehr Zwang im Gesetzesvorschlag zur Wehrpflicht.
Die CDU will mehr Zwang im Gesetzesvorschlag zur Wehrpflicht.

Kaum ist das Regierungskabinett aus der zweitägigen Klausurtagung in der Villa Borsig zurück, kracht es schon wieder. All die Beteuerungen man werde jetzt besser miteinander kommunizieren, verdampften nach nur einem Tag. Abermals blockiert die Unionsfraktion ein Vorhaben der SPD. Dieses Mal ist das Wehrdienstgesetz an der Reihe – das auch nicht zum ersten Mal. Nachdem Außenminsiter Johann Wadephul (CDU) den Gesetzesvorschlag bereits Ende August per Veto im Kabinett kurzzeitig stoppte, spricht sich nun die Unionsfraktion im Bundestag gegen die Behandlung des Entwurfs im Parlament aus.

Nicht radikal genug ist es den Damen und Herren in der Union. Was soll bitte die Freiwilligkeit nützen, wenn nicht genug Soldat*innen organisiert werden können? Die SPD um Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält dagegen: Man wolle bewusst erst auf Freiwilligkeit setzen, bevor man eine generelle Wehrpflicht einführt. Die Möglichkeit zum Zwang ist übrigens im Gesetzesvorschlag so oder so angelegt.

Die Art und Weise, wie der Konflikt ausgetragen wird, steht dennoch exemplarisch für die Inkompetenz der Union, wie der Seniorpartner einer Regierung zu funktionieren. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und sein Fraktionschef Jens Spahn (CDU) entpuppen sich als außerordentlich schwache politische Figuren, die nicht in der Lage sind, getroffene Abmachungen in der eigenen Fraktion durchzusetzen.

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Dabei sind die unterschiedlichen Interessen der beiden Polit-Silberrücken Wadephul und Pistorius ressortbedingt durchaus nachvollziehbar. Ersterer will so schnell wie möglich auf internationalem Parkett mit der Handlungsfähigkeit Deutschlands arbeiten können. Letzterer ist vor allem mit den tatsächlichen Problemen der Bundeswehr und ihrer pragmatischen Lösung beschäftigt. Noch im März äußerte sich Pistorius beispielsweise, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht nach altem Muster schlicht unmöglich sei, da die Bundeswehr allein nicht mehr über genügend Kasernen verfüge, um einen Jahrgang an Wehrdienstleistenden aufzunehmen.

Für die Union scheint die Realität irrelevant. Sie spricht sich dennoch für die Wiedereinführung in einer Hauruck-Aktion aus. Alternativ soll das neue Gesetz aus dem Hause Pistorius zumindest jetzt schon Zahlen und Deadlines festlegen, ab wann die Armee nicht durch Freiwillige gefüllt werden könne. Doch machen wir uns nichts vor. Ob mit unrealistischen Wunschvorstellungen der CDU oder mit pragmatischer Flexibilität der SPD. Es wird lediglich darüber gestritten, ob der Weg rabiat oder für die Gesellschaft leichter verdaulich präsentiert werden soll – das Ziel bleibt dasselbe: die Kriegstüchtigkeit Deutschlands im 21. Jahrhundert.

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