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Palästinensische Opfer im Gaza-Krieg: Say Their Names!
Palästinensische Opfer im Gaza-Krieg bleiben zu oft eine anonyme Masse in der Berichterstattung, findet Jana Frielinghaus
Als das Martyrium der 20 noch lebenden israelischen Geiseln endlich vorbei war, als die Hamas sie dem Roten Kreuz übergab, veröffentlichten viele deutsche Medien die Namen der Männer. Sie berichteten, wo sie verschleppt worden waren und was sie vorher gemacht hatten. Auch nachdem jetzt zwei weitere Leichname israelischer Staatsbürger übergeben wurden, erfuhren wir ihre Namen.
Wenn es aber um die rund 150 Palästinenser geht, deren sterbliche Überreste nun nach Gaza gebracht wurden, erfahren wir hier in Deutschland nichts über sie. Ebenso wenig hören wir von den mehr als 1700 der 2000 freigelassenen Gefangenen, die an und nach jenem 7. Oktober willkürlich festgesetzt worden waren. Israelische Friedensgruppen wie Standing Together sind es, die Einzelne zu Wort kommen lassen, nicht journalistische Plattformen. Dort erfahren wir, wer sie sind und wie sie gelitten haben. Und von den Toten, die jetzt in Gaza identifiziert werden, weisen viele Spuren von Folter auf. Vielen fehlen Gliedmaßen, viele haben Schusswunden. Die meisten wurden ohne Namen, nur mit einer Nummer zurückgegeben.
Auch der Name des Fernsehingenieurs der Produktionsfirma Palestine Media Production (PMP), der am Sonntag bei einem israelischen Luftangriff in Deir Al-Balah im Zentrum des Gazastreifens starb, wird in den Berichten von ARD und ZDF über den Vorfall nicht genannt. Dies, obwohl das ZDF berichtete, man habe mit ihm und mit PMP seit vielen Jahren zusammengearbeitet, und obwohl der Sender betonte, man halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Darstellung der israelischen Armee, er sei Hamas-Mitglied gewesen, richtig sei. Wie der 37-Jährige hieß, ist aus Onlinemedien wie X und von der Webseite der ägyptischen Zeitung »Ahram« zu erfahren: Ahmed Abu Mutair.
Eine bewusste Strategie dürfte die Anonymisierung nicht sein. Dennoch trägt man dadurch zur Dehumanisierung der Palästinenser bei. Sie erscheinen als eine im Zweifel gefährliche Masse, die letztlich ein legitimes Angriffsziel ist. Das sollten deutsche Medien nicht länger mitmachen.
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