Palästinensische Opfer im Gaza-Krieg: Say Their Names!

Palästinensische Opfer im Gaza-Krieg bleiben zu oft eine anonyme Masse in der Berichterstattung, findet Jana Frielinghaus

Tote, die im Wortsinn namenlos bleiben: Am Mittwoch wurden in Deir al-Balah im zen­tralen Gazastreifen mehr als 50 Palästinenser beigesetzt, die nicht identifiziert werden konnten.
Tote, die im Wortsinn namenlos bleiben: Am Mittwoch wurden in Deir al-Balah im zen­tralen Gazastreifen mehr als 50 Palästinenser beigesetzt, die nicht identifiziert werden konnten.

Als das Martyrium der 20 noch lebenden israelischen Geiseln endlich vorbei war, als die Hamas sie dem Roten Kreuz übergab, veröffentlichten viele deutsche Medien die Namen der Männer. Sie berichteten, wo sie verschleppt worden waren und was sie vorher gemacht hatten. Auch nachdem jetzt zwei weitere Leichname israelischer Staatsbürger übergeben wurden, erfuhren wir ihre Namen.

Wenn es aber um die rund 150 Palästinenser geht, deren sterbliche Überreste nun nach Gaza gebracht wurden, erfahren wir hier in Deutschland nichts über sie. Ebenso wenig hören wir von den mehr als 1700 der 2000 freigelassenen Gefangenen, die an und nach jenem 7. Oktober willkürlich festgesetzt worden waren. Israelische Friedensgruppen wie Standing Together sind es, die Einzelne zu Wort kommen lassen, nicht journalistische Plattformen. Dort erfahren wir, wer sie sind und wie sie gelitten haben. Und von den Toten, die jetzt in Gaza identifiziert werden, weisen viele Spuren von Folter auf. Vielen fehlen Gliedmaßen, viele haben Schusswunden. Die meisten wurden ohne Namen, nur mit einer Nummer zurückgegeben.

Auch der Name des ZDF-Mitarbeiters, der am Sonntag bei einem israelischen Luftangriff ums Leben kam, wird in den Berichten über den Vorfall nicht genannt. Er hat aber seit vielen Jahren für den deutschen Sender gearbeitet. Immerhin: Die Chefredakteurin nannte es »nicht hinnehmbar«, dass »Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden«.

Eine bewusste Strategie dürfte die Anonymisierung nicht sein. Dennoch trägt man dadurch zur Dehumanisierung der Palästinenser bei. Sie erscheinen als eine im Zweifel gefährliche Masse, die letztlich ein legitimes Angriffsziel ist. Das sollten deutsche Medien nicht länger mitmachen.

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