Bundesliga der Frauen: DFB und Klubs streiten über Wachstumsplan

Bei der Förderung der Fußballerinnen streiten sich der Verband und die Vereine um die Führungsrolle

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Große Bühne, wenig Substanz: Wie die Bundesliga der Frauen nachhaltig gestärkt werden soll, darüber wird noch gestritten.
Große Bühne, wenig Substanz: Wie die Bundesliga der Frauen nachhaltig gestärkt werden soll, darüber wird noch gestritten.

In diesen Tagen ist das Grummeln im Fußball der Frauen nicht zu überhören. Englische Wochen sind für die Spielerinnenn zu dieser Jahreszeit in der Bundesliga völlig neu, viele Vereinsverantwortliche fragen sich, ob es nach der Vergrößerung auf 14 Teams nicht bessere Lösungen gegeben hätte, als neuerdings im November und Dezember zehn Spieltage auszutragen, während im April und Mai gerade mal die vier letzten Runden angesetzt sind.

Wer kommt auf solchen Unfug? Selbst die Verletzungsflut unter den Fußballerinnen wird bereits damit in direkten Zusammenhang gebracht. Dabei meint es der Deutsche Fußball-Bund (DFB) doch eigentlich gut mit den Frauen. 100 Millionen Euro gibt der Verband als Anschubfinanzierung, wenn die höchste Spielklasse in eine eigene Gesellschaft (FBL GmbH) überführt wird, angelegt als Joint Venture zwischen der DFB GmbH & Co. KG und den 14 Vereinen. Die Zustimmung auf dem DFB-Bundestag am kommenden Freitag gilt als Formsache, nachdem bereits der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung grünes Licht gegeben haben.

Männerzirkel DFB

»Der Investitionsspielraum soll sich über acht Jahre ab 2026 erstrecken«, erklärt Präsident Bernd Neuendorf. Bundestrainer Christian Wück bezeichnete die Investition als »gerechtfertigt und auch unbedingt nötig«. Das sehen aber nicht alle Landes- und Regionalverbände so, die es dem Verbandschef schwer gemacht haben sollen, das Projekt durchzusetzen. Der eine oder andere aus dem Männerzirkel würde lieber alte Sportschulen und marode Vereinsheime sanieren, als die Bundesliga der Frauen zu professionalisieren.

Mit allzu großem Überschwang wurde der Plan des DFB aber auch bei den Begünstigten nicht aufgenommen. Eine interne Abfrage unter den Klubs hat nämlich ergeben, dass sie selbst mindestens 300 und maximal 700 Millionen in diesem Zeitraum aufbringen wollen. Das ist abhängig davon, was es an infrastrukturellen Verbesserungen an den verschienden Standorten braucht. Dagegen wirken die 12,5 Millionen Euro pro Jahr vom DFB gar nicht mehr so mächtig. Und sind darin vielleicht auch noch die Gehälter für rund 15 hauptamtliche Stellen in der neuen Gesellschaft inkludiert, die bisher beim Verband angestellt sind?

Förderer der Frauen

Eines wollen die Vereine als treibende Kraft hinter dem Wachstumsplan, bei dem zwischenzeitlich als Drohkulisse sogar eine Abspaltung vom DFB aufgebaut wurde, klarstellen: Wesentlicher Förderer des Fußballs der Frauen sind in absehbarer Zeit die Lizenzklubs. Der DFB müsse verstehen, heißt es, dass eine Weiterentwicklung von den Marken ausgehe, die sich dem Fußball der Frauen verschrieben haben. Wenn zum Beispiel die Nachwuchsleistungszentren der Vereine endlich auch jungen Spielerinnen einen Platz bieten.

Für die von allen gewünschte Professionalisierung braucht es ein Wachstum mit deutlich höheren Umsätzen. Das geht wiederum nur mit Sponsoren- und Fernsehverträgen in neuen Dimensionen. Die im jüngsten DFB-Saisonreport für die Spielzeit 2023/2024 ausgewiesenen 31 Millionen Euro Gesamtumsatz sind allemal ausbaufähig. Auch am durchschnittlichen Minus der Vereine von mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr muss sich etwas ändern. Weil die für Frauen- und Mädchenfußball zuständige DFB-Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch diese unbefriedigende Situation stets nur schönredete, übernimmt nun Generalsekretärin Heike Ullrich diesen Posten.

Unabhängigkeit von den Männern

Die große Herausforderung ist es, die Wirtschaftlichkeit so schnell wie möglich zu verbessern. Das ständige »Abzwacken fremder Budgets« hält Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen dabei für den falschen Weg. Noch geht es selbst beim Doublesieger nicht anders, wenn er gearde die Übernahme des Sportparks Unterhaching als neue Spielstätte für seine Frauen plant. Dreesen sieht die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von den Männern als notwendigen Faktor für künftige Erfolge: »Wir müssen insgesamt den Frauenfußball entwickeln.«

Ähnlich argumentiert auch Axel Hellmann als Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt. Auch die Hessen sind zu weiteren Investitionen bereit, lehnen es aber ab, dass dabei »unfassbar an der Gehaltsschraube gedreht« wird. Bei dieser ungesunden Entwicklung werde man nicht mitgehen. Das bedeutet aber wiederum, dass die besten Spielerinnen, wie zuletzt die vom VfL Wolfsburg zu Olympique Lyon gewechselte Jule Brand, bei auslaufenden Verträgen den Abflug machen, weil sie im Ausland das Doppelte und Dreifache verdienen.

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