Scharfe Kritik an Bayerns Atom-Votum

Energie-Konzept sieht keine Begrenzung der Laufzeiten vor – SPD und Grüne protestieren

  • Lesedauer: 3 Min.
Bayerns Landesregierung tritt für eine längere Nutzung der deutschen Atomkraftwerke ein und will sich dabei nicht auf eine bestimmte Frist festlegen. Im Gegensatz zur bayerischen Position will Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine moderate Laufzeitverlängerung.

München (dpa/ND). Vor dem Abschied in die Sommerpause hat Bayerns CSU/FDP-Regierung ihre Forderung nach längeren Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke mit einem Kabinettsbeschluss demonstrativ untermauert. Eine Befristung der Atom-Laufzeiten sieht das am Dienstag im Kabinett beschlossene bayerische Energiekonzept nicht vor.

Das unter Federführung von Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) ausgearbeitete Papier ist die offizielle bayerische Position für die Verhandlungen mit der Bundesregierung. Die Staatsregierung will außerdem die alternativen Energien ausbauen – bis 2030 sollen 40 Prozent der bayerischen Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen kommen.

SPD und Grüne lehnten das Energiekonzept der Staatsregierung ab. Der SPD-Umweltpolitiker Ludwig Wörner warf der Staatsregierung eine »atompolitische Geisterfahrt« vor. Der Grünen-Abgeordnete Ludwig Hartmann nannte das Konzept widersprüchlich und rückwärtsgewandt.

Söder droht mit Temelin

Zeil wollte ursprünglich eine Festlegung auf eine Mindestverlängerung der AKW-Laufzeiten um 15 Jahre, doch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) legte Einspruch ein. »Es kann keine Rede davon sein, dass ich von irgendwas abgerückt bin«, sagte Zeil anschließend dazu.

Persönlich hält Zeil nach wie vor 15 Jahre Laufzeitverlängerung für das absolut notwendige Minimum. »Ich sehe nicht (...), dass 15 Jahre ausreichen«, sagte Zeil. Hauptkriterium für eine Verlängerung der Laufzeiten soll die Sicherheit der Kraftwerke sein.

Die 15 Jahre entsprechen der Forderung der Atomwirtschaft. In der Bundesregierung ist dagegen eine Verlängerung zwischen acht und maximal 15 Jahren im Gespräch. Einer Studie des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums zufolge könnte der Öko-Strom-Anteil schon bis 2020 auf 38,6 Prozent steigen. Im Vergleich dazu sei das bayerische Ziel von 40 Prozent Ökostrom bis 2030 sehr bescheiden, kritisierte die Landtags-SPD.

Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) betonte, der weitgehend CO2-freie bayerische Energiemix sei nur wegen der starken Stellung der Kernenergie möglich. Würden die Atomkraftwerke abgeschaltet, müsste Atomstrom aus dem Ausland importiert werden. Söder will auch das umstrittene Kraftwerk Isar I bei Landshut nicht stilllegen. »Wer vorschlägt, Isar I abzuschalten, der schaltet Temelin ein«, sagte er über das seit Jahren von Negativschlagzeilen begleitete Atomkraftwerk in Tschechien. Im Umfeld von Isar I gibt es jedoch auch an der CSU-Basis Kritik am Atombeschluss.

Und die Gewinne?

Ein potenzieller neuer Streitpunkt mit Berlin zeichnet sich bei der Forschungsförderung für die erneuerbaren Energien ab. In beiden Koalitionsverträgen im Bund und in Bayern ist festgehalten, dass ein Teil der Gewinne aus der Laufzeitverlängerung in die Erforschung der erneuerbaren Energien fließen soll. Es gibt in Berlin aber bisher keinerlei konkreten Plan, das auch tatsächlich in die Tat umzusetzen.

Umweltminister Söder verlangte eine »nationale Speicheroffensive« der Berliner Koalition, um eine Technologie zu entwickeln, die die Speicherung von Strom wie in einer Batterie erlaubt.

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