Es geht um Schnee, es geht um Geld
Zuerst waren die Langläufer in Oberhof, jetzt kommen die Biathleten - doch die Sportstadt hat zu kämpfen
Dass Skilangläufer mancherorts reich und berühmt werden, bewies der Norweger Petter Northug am Auftaktwochenende der Tour de Ski in Oberhof eindrücklich: Der beste Läufer der vergangenen Jahre residierte mit einem eigenen Luxusreisebus beim Stadion am Grenzadler: Auf einem Sonderparkplatz parkte der nachtschwarze Nightliner mit der Aufschrift »Team Northug«, hinter den zugezogenen Gardinen ließ es sich der Rockstar des nordischen Skisports vor und nach den Rennen gutgehen. Den Prolog der Tour de Ski am Samstag gewann der bestversorgte Athlet im Langlaufzirkus denn auch erwartungsgemäß, am Sonntag beim Verfolgungsrennen über 15 Kilometer (klassisch) jedoch musste der 25-Jährige den Russen Maxim Wylegschanin und Alexander Legkow den Vortritt lassen die nun als Führende zur Neujahrsetappe in die Schweiz weiterziehen.
Zum vierten Mal hat der Skiweltverband FIS die Tour de Ski in Oberhof gestartet, am Neujahrstag geht's in Münstertal (Schweiz) und danach in Italien weiter. Dem Sieger nach sieben Etappen winken 75 000 Euro Prämie - die Tour soll dem Skilanglauf zu ein wenig mehr Spektakel verhelfen, um neben den traditionell beliebten Skispringern und den allmächtigen Biathleten noch etwas von der Aufmerksamkeit abzubekommen. Auch in Oberhof gilt der Langlaufweltcup eigentlich nur als Aufwärmprogramm für den Biathlonweltcup, der am 2. Januar beginnt. Während die Karten für Biathlon stets sehr schnell vergriffen sind, haben beim Skilanglauf alle Oberhofer Übernachtungsgäste mit der All-Inclusive-Card freien Eintritt zum Weltcup. 6500 kamen am Samstag zum Prolog der Tour de Ski, immerhin 9000 kamen am Sonntag zum Verfolgungsrennen.
Mit den Shuttle-Bussen kam man am Wochenende noch problemlos zum Stadion am Grenzadler, während beim Biathlon die Busse der Biathlon-Enthusiasten wohl wieder in Zweierreihen die Straße zum Grenzadler verengen werden und im Umkreis von ein paar Dutzend Kilometer kein Hotelbett mehr zu bekommen sein wird. Jeweils 15 000 Fans kommen dann in die Ski-Arena.
Biathlon in Oberhof - das ist eine Erfolgsgeschichte. Doch die Fortsetzung liegt noch im Ungewissen: Nur bis zur Saison 2013/2014 läuft der Vertrag der Organisatoren mit dem Biathlonweltverband IBU, der sich trotz der traumhaften Kulisse und der reibungslosen Abläufe noch keineswegs auf eine Fortsetzung des Oberhofer Weltcups festgelegt hat. »Fakt ist, es gibt einfach mehr Bewerber als mögliche Weltcups« sagt Christopher Gellert, Organisationschef der Oberhofer Weltcups Skilanglauf und Biathlon. Die Konkurrenz in Russland und Asien hat von zwei Dingen deutlich mehr zu bieten: Geld und Schnee.
Vor allem der Schnee auf 815 Meter Seehöhe bereitet den Organisatoren immer wieder Sorgen. Auch dieses Jahr präsentierte sich Oberhof weitgehend schneefrei, auf der Wettkampfstrecke indes konnten anständige Bedingungen hergestellt werden. Um die Ansprüche des Biathlon-Weltverbandes zu erfüllen, wird in diesem Jahr noch mit dem Bau eines Multifunktionsgebäudes begonnen, mit Athletenumkleide, Medienzentrum und Antidopingbereich. 1,9 Millionen Euro werden dafür vom Land bereitgestellt. Im Sommer will die IBU über die Weltcupstandorte ab 2014/15 entscheiden. Bis dahin seien von der IBU keine Signale zu erwarten, sagt Gellert.
Doch es gibt auch ein paar gute Omen für die Stadt, die um ihren Ruhm als Wintersportort kämpft - nur so kommen auch weiterhin die Touristen. Der Skiweltcup wird immerhin bis 2014/2015 in Oberhof ausgetragen werden und bisher zeigt sich der Skiweltverband sehr zufrieden mit den thüringischen Ausrichtern. Außerdem überreichte Heike Taubert (SPD), Sozialministerin des Freistaates, gestern in Oberhof einen Fördermittelbescheid in Höhe von fast 6,5 Millionen Euro: Damit sollen die Schanzen im Kanzlersgrund wieder in einen konkurrenzfähigen Zustand gebracht werden. Derzeit ist nur noch die K60-Schanze halbwegs zu gebrauchen.
Für einen der bekanntesten Athleten aus Oberhof kommt die Sanierung deutlich zu spät: Skispringer Stephan Hocke (29) erklärte am Freitag überraschend seinen Rücktritt. Der Teamolympiasieger von 2002 nannte dafür nur zwei Gründe: Nachteile in der »Materialschlacht« der Sportart Skispringen und »katastrophale Trainingsbedingungen in Thüringen in den letzten Jahren«.
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