Eine Tour für ein herzliches Willkommen

Sachsens LINKE besucht Zuwanderer und Helfer

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Die LINKE will weg von Debatten und hin zur Basis. Deswegen werden in den kommenden Wochen Zuwanderer und Helfer im Freistaat Sachsen besucht. Die Fraktion erhofft sich so einen Überblick über Probleme.

Dresden. Politiker der sächsischen LINKEN wollen in den kommenden sieben Monaten Flüchtlinge und Asylbewerber im Freistaat besuchen, mit deren Helfern sprechen und sich in den kommunalen Verwaltungen über Probleme informieren. Im Rahmen einer »Asyl- und Willkommenstour« sollen Einrichtungen in allen zehn Landkreisen besucht werden. »Wir wollen weg von den großen Debatten und hin zur Basis«, sagt Juliane Nagel. Die Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Fraktion im Landtag erhofft sich so einen »systematischen Überblick« über landesweite Probleme und regionale Unterschiede bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Die Fraktion plant danach parlamentarische Initiativen, mit denen etwa Qualitätskriterien für die Unterbringung, eine bessere Beteiligung von Flüchtlingen und größere Wertschätzung der vielen ehrenamtlichen Helfer durchgesetzt werden sollen.

Das Thema Asyl dominiert derzeit die politische Debatte im Freistaat. Verantwortlich sind einerseits die zeitweise stark steigende Zuwanderung, von der die Verantwortlichen überfordert schienen. Kommunen beklagten eine schlechte Informationspolitik bei der Einrichtung von Unterkünften und offene Fragen bei der Finanzierung. Erst die Einrichtung von Gremien wie einem »Lenkungsausschuss« hat in den zurückliegenden Wochen für eine gewisse Entspannung gesorgt. Allerdings gibt es lokal weiterhin teils harten Widerstand, angestachelt von islamfeindlichen Initiativen wie Pegida und den in Sachsen besonders zahlreichen Facebook-Gruppen gegen Asylbewerberheime. Die Zahl der Übergriffe auf derlei Unterkünfte stieg folgerichtig von 15 im Jahr 2013 auf zuletzt 44.

Handlungsbedarf sehen Politiker der sächsischen LINKEN nicht nur im Freistaat. Der Bund, sagte der Abgeordnete Axel Troost, solle sich nicht nur zu einer stärkeren Finanzierung der Unterbringung von Flüchtlingen bekennen, wie sie Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag bei einem Besuch im Burgenlandkreis in Aussicht stellte. Nötig seien auch gesetzliche Regelungen, die eine dezentrale Unterbringung als Regelfall festlegen und Mindeststandards festlegen - Forderungen, die sich in einem kürzlich in erster Lesung behandelten Antrag der Bundestagsfraktion finden. Auf europäischer Ebene solle dringend eine Abkehr vom Dublin-System erfolgen, das die Verteilung von Flüchtlingen regele, in der Praxis aber nicht funktioniere, sagte die Europaabgeordnete Cornelia Ernst. Derzeit nehmen nur 13 von 28 EU-Staaten überhaupt Flüchtlinge auf. Die Regelung, wonach Anträge prinzipiell in den Ländern zu bearbeiten sind, in denen die Menschen zuerst EU-Territorium betreten, funktioniert nicht. Nötig sei ein »echtes Verteilsystem«, als dessen Basis das Bruttoinlandsprodukt der EU-Länder dienen könnte, sagt Ernst. Zudem solle das Asylsystem innerhalb der EU stärker harmonisiert werden: »Es muss gleiche Bedingungen in allen Mitgliedsstaaten geben.«

Die Willkommenstour in Sachsen beginnt am 9. April im Kreis Görlitz und endet im Oktober. Unfreiwilliger Namensgeber ist der sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth, der sich kürzlich vom Begriff »Willkommenskultur« distanzierte, weil er diesen mit »Umarmen« verbinde. Die LINKE will auch umarmen: »Wir stehen zu dem Wort«, sagt Nagel.

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