Athener Bürde, Berliner Druck
Griechenland wurde bezwungen, sagt der US-Ökonom James K. Galbraith. Doch die Auflehnung gegen Austerität geht weiter: in Portugal, Irland, Italien
Berlin. Wieder gibt es Proteste vor dem Parlament in Athen, wieder steht dort ein Paket mit Maßnahmen zur Abstimmung, welche die internationalen Gläubiger der SYRIZA-geführten Regierung abverlangen, damit diese Geld aus einem Kreditprogramm ausgezahlt bekommt, das sie ursprünglich gar nicht wollte. Am Dienstagabend ging es unter anderem um den umstrittenen Privatisierungsfonds, der öffentliches Eigentum verkaufen und zum Teil unter das Kuratel von EU-Beamten gestellt werden soll; um faule Kredite, die die Banken in Milliardenhöhe belasten, um die Gehaltsstruktur der Beamten, das Rentensystem, neue Steuern. Gewerkschaften riefen zu Protesten vor der in der Nacht erwarteten Abstimmung auf.
Das derzeit geringe Medienecho auf die krisenpolitische Entwicklung in Griechenland hierzulande hinterlässt den Anschein, der im Januar 2015 begonnene griechische Frühling sei endgültig im neoliberalen Winter eines von Berlin durchgesetzten Austeritätsdiktats erfroren. Für den US-Ökonomen James K. Galbraith, der aus Solidarität mit der linksgeführten Regierung in Athen zusammengearbeitet hat, hatte die neue Linke in Athen von Anfang an nur begrenzte Chancen - vor allem, weil man es in Berlin vorzog, die griechische Ökonomie unter Druck zu setzen, »um die neue Regierung zu destabilisieren«.
Die politischen Kräfte, die dabei auf Athen einwirkten, haben ihren Kurs nicht revidiert. Als Sieger stehen sie deshalb aber noch längst nicht da, meint Galbraith: »Die Konsequenzen sind anhaltende politische Auflehnungen. Man kann dies in Portugal, Irland oder Italien sehen«, so der Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch mit nd-Redakteur Simon Poelchau. Es sei eine trügerische Vorstellung des Austeritätsblocks, »dass man die Stimmung in Europa durch die Bezwingung Griechenlands beruhigen konnte«. tos Seite 3
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