Ein aufrechter, aufrichtiger Mensch

Zum Tod des Friedensforschers und Friedenskämpfers Ekkehart Krippendorff

Es gibt Gipfel der internationalen Diplomatie, auf denen Krokodilstränen über die dramatisch fortschreitende Unterentwicklung afrikanischer Gesellschaften vergossen und Anstrengungen zu wirtschaftlicher Hilfe versprochen werden.« Und doch geschieht nichts, wie Ekkehart Krippendorff in einem Kommentar in dieser Zeitung feststellte, zugleich die Bundesrepublik als ein Exportmeister in Waffengeschäften anklagend. »Deutschland als weltweit erster Aussteiger aus dem tödlichen Waffengeschäft - das wäre etwas, wofür sich einzusetzen lohnte. Es kostet nur moralischen und politischen Mut.«

Einen solchen hat er bewiesen - zeitlebens. Krippendorff bewies Mut, als er mit seinen nazistischen Eltern brach. Und, der Mitschuld beider christlicher Konfessionen am Holocaust bewusst, aus der Kirche austrat, während er Helmut Gollwitzer, dem einstigen Mitglied der »Bekennenden Kirche« und Kämpfer wie er gegen den Atom-Tod, eng verbunden blieb. Mut bewies Krippendorff, als er 1965 gegen die Ausladung von Erich Kuby und Karl Jaspers als Gastreferenten durch den Senat der FU Berlin protestierte und die Nichtverlängerung seines Beschäftigungsverhältnisses riskierte. Was tatsächlich aufgekündigt wurde. Worauf die Studenten rebellierten. Als »Krippendorff-Semester« ging jene Episode, ein Vorbote der 68er Revolte, zu deren Ikonen er dann gehörte, in die Annalen der Universitätsgeschichte ein. Moralischen und politischen Mut bewies er in allen seinen publizistischen wie rhetorischen Einlassungen in die gesellschaftlichen Debatten der Bundesrepublik. Weshalb er erneut von der FU abgestraft wurde, die 1970 seine Habilitation ablehnte, die er in Tübingen nachholte. Immer wieder eckte er an. Er kapitulierte nicht. Lehnte auch der baden-württembergische Kultusminister Krippendorffs Berufung an die Universität Konstanz ab, empfingen die akademischen Tempel in New York, Bologna, Sussex und Tokio den kritischen Politikwissenschaftler, der zu den Pionieren der deutschen Friedensforschung gehörte, mit offenen Armen.

Ekkehart Krippendorff starb am 27. Februar im Alter von 83 Jahren in Berlin.

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