- Politik
- Antisemitismus in Berlin
Abschreckung sieht anders aus
Jérôme Lombard über das Urteil gegen den Gürtelschläger in Berlin
Nein, ein deutliches Justizsignal gegen Antisemitismus ist dieses Urteil des Berliner Jugendschöffengerichts gegen den 19-jährigen Gürtelschläger nicht. Vier Wochen Stubenarrest, die durch die Untersuchungshaft bereits abgebüßt sind, ein Museumsbesuch und ein staatlich finanzierter Betreuer sind für ein antisemitisch motiviertes Hassverbrechen eine milde strafrechtliche Sühne.
Das Gericht hätte den Angeklagten nach Erwachsenenstrafrecht härter aburteilen können. Knaan S. hätte sich nicht beschweren können, hat er sich doch zwar für seine Prügelorgie entschuldigt, den Judenhass hinter seiner Tat aber vehement bestritten. Jude sei halt ein Schimpfwort. Einsicht sieht anders aus. Abschreckung auch.
Nichtsdestotrotz ist das Urteil gemäß des geltenden Jugendstrafrechts angemessen: Moralisierend und erziehend im Ton, aber eher soft in den Folgen. Ob die erzieherische Funktion bei dem Angeklagten ihre Wirkung erzielt, wird die Zukunft zeigen. Das Berliner Gericht muss man für die Schnelligkeit loben, mit der das Verfahren durchgeführt wurde.
Das ist nicht selbstverständlich. Beachtung verdient auch die Urteilsbegründung. Der Charakter eines Hassverbrechens wird klar benannt. Und dass der Täter von Antisemitismus getrieben war, wird der Öffentlichkeit immerhin durch den verordneten Gedenkstättenbesuch klar gemacht.
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