Listen der Armut
Soziales Elend in Trier
Historiker der Universität Trier machen das soziale Elend in der Stadt im Jahr 1832 zur Zeit von Karl Marx (1818 - 1883) nachvollziehbar. In einem digitalen Stadtplan erfassten sie Angaben aus historischen Armutslisten, die preußische Beamte Mitte des 19. Jahrhunderts erstellten, wie die Universität am Dienstag mitteilte. Während einer Cholera-Epidemie 1831 galten arme Menschen in Trier bei der Verbreitung der Krankheit als Risikogruppe. Beamte verschafften sich mit Hausbesuchen Zugang zu den Menschen und ihren Wohnverhältnissen und erstellten Listen mit biografischen Angaben und Einschätzungen zur »Moralität« der Bewohner, eventueller Arbeitslosigkeit oder Alkoholismus oder zu möglichen Hilfeleistungen durch den Staat.
»Die Armenliste hat uns in die Lage versetzt, den jugendlichen Karl Marx in seinem Raum und seine Zeit einzubetten«, erklärte Projektleiter Stephan Laux, Professor für Geschichtliche Landeskunde. Im Hinblick auf die wissenschaftliche Aussagekraft dieses Armutskatasters in der Auseinandersetzung mit Marx rät der Wissenschaftler allerdings zur Zurückhaltung. »Wir können nicht behaupten, dass wir damit wissen, was Marx geprägt hat. Wir bilden aber ab, was er wahrgenommen haben muss.« Marx sei in diesen Jahren in seiner Umgebung mit einer lebensbedrohenden Misere konfrontiert gewesen.
Im Eingangsbereich der Ausstellung zum Karl-Marx-Jubiläumsjahr im Trierer Stadtmuseum Simeonstift ist die digitale Stadtplan-Präsentation bereits seit Mai zu sehen. Nun ist der Stadtplan mit Angaben aus den Armutslisten auch unter www.armenkarte1832.uni-trier.de einsehbar.
Trier feiert in diesem Jahr den 200. Geburtstag des Philosophen, Ökonomen und Gesellschaftstheoretikers Karl Marx. epd/nd
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