Flagge putzen

Dean Reed zum 80.

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 2 Min.

Für viele war es ein Schock: Am 13. Juni 1986 fand man Dean Reed mit einer Überdosis Schlaftabletten im Körper tot im Zeu thener See im Südosten Berlins. In seinem Auto befand sich ein 15-seitiger Abschiedsbrief, der auch Vorwürfe an seine Ehefrau enthielt. Über den Sozialismus schrieb er: »Er ist noch nicht erwachsen.« Dummerweise behielt die DDR-Regierung den Brief im Tresor und sprach von einem »tragischen Unfall«. Ein Herd vieler Gerüchte.

Der US-amerikanische Schauspieler, Sänger und Friedensaktivist hatte damals mit vielen Problemen zu kämpfen. Sein Filmprojekt über den Kampf der Dakota-Indianer 1973 in Wounded Knee war von der Sowjetunion - es sollte eine Ko-Produktion werden - jahrelang ausgebremst worden. Doch plötzlich sollte er nun drehen: Reed, psychisch angeschlagen, stand unter Druck. Zum Zweiten: Das Interesse des DDR-Publikums an ihm hatte nachgelassen. Und zum Dritten: Eine erfolgreiche Rückkehr in die USA hatte er sich mit Äußerungen in der USA-TV-Sendung »60 Minutes« verbaut, wo er eine dezidiert linke Meinung vertreten hatte.

An diesem Sonnabend vor 80 Jahren wurde Reed in Denver (Colorado) geboren. Sein Vater - ein Lehrer - stand politisch eher rechts. Dean lernte reiten und mit zwölf Jahren Gitarre spielen. Sein Meteorologie-Studium schmiss er und zog stattdessen nach L. A., wo ihn Capitol Records unter die Fittiche nahm. Dann die Sensation: während er mit Rock ’n’ Roll und Balladen in den USA nur mäßig erfolgreich war, standen seine Songs in Südamerika in den Hitparaden ganz oben. In Buenos Aires empfingen ihn 100 000 Fans. Also siedelte er nach Argentinien über. Als er dort aber die Ghettos der Metropolen sah, wurde er zum Sozialisten. 1970 wusch er vor der USA-Botschaft in Santiago de Chile das USA-Sternenbanner. Solche mutigen Aktionen machten ihn noch populärer.

Ab 1966 »eroberte« Reed die Sowjetunion. Er war dort der erste westliche Rock-Star und seine Platten verkauften sich millionenfach. Anfang der 1970er Jahre kam Reed in die DDR und heiratete. Und dann noch ein zweites Mal. Er hatte einen guten Draht nach ganz oben, was für seine Film- und Musik-Projekte bestimmt nicht von Nachteil war. Sein Film »Sing, Cowboy, Sing« wurde 1981 in der DDR die meistbesuchte Produktion. Sein TV-Projekt »El Cantor« - über den ermordeten chilenischen Sänger Victor Jara - wurde sein politisch engagiertester Film. Wie Jara, im Kampf gegen Faschisten, wäre auch Reed gern gestorben, schreibt er in seinem Abschiedsbrief. »Aber jeder«, so Reed dort weiter, »hat sein eigenes Schicksal.« Am kommenden Sonntag läuft auf MDR ab 20:15 Uhr »Ein Abend für Dean Reed«.

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