Razzia in Connewitz

Polizei durchsucht Wohnungen im alternativen Leipziger Stadtteil

  • Max Zeising, Leipzig
  • Lesedauer: 2 Min.

In den frühen Morgenstunden rückte plötzlich die Polizei an: Die Sonderkommission Linksextremismus (»Soko LinX«) des Landeskriminalamts Sachsen durchsuchte am Mittwoch unter Beteiligung der Bereitschaftspolizei mehrere Wohnungen im linksalternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz. Die Razzia dauerte bis zum späten Nachmittag an und konzentrierte sich auf den Bereich Biedermannstraße, Zwenkauer Straße, Pfeffingerstraße und Stockartstraße. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung gegen fünf Beschuldigte. Beweismittel wurden sichergestellt.

Nach einer Pressemitteilung des Landeskriminalamts wird den Beschuldigten zur Last gelegt, im September 2019 an einem Angriff auf Insassen einer S-Bahn am Bahnhof Neukieritzsch beteiligt gewesen zu sein. Die Tatverdächtigen seien Anhänger des Fußballvereins BSG Chemie Leipzig und sollen mit weiteren, noch unbekannten Personen Fans des Stadtrivalen 1. FC Lokomotive Leipzig angegriffen haben - unter dem Einsatz von Pyrotechnik. Im Zuge des Angriffs sei eine Person verletzt worden.

Die Rivalität zwischen den Fußballfans der beiden Leipziger Traditionsvereine, die heute im Schatten von RB Leipzig stehen, ist hinlänglich bekannt. Während die Ultras der BSG Chemie als links gelten, zieht der 1. FC Lok auch Hooligans und Neonazis an. Immer wieder ist es in der Vergangenheit zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen beiden Lagern gekommen.

Der Polizeieinsatz rief heftige Kritik hervor. »Massiver, übertriebener Einsatz«, sagte die Linke-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, die in Connewitz ihr Abgeordnetenbüro hat - das bekannte »Linxxnet«. »Die Soko LinX hat nach zwei Jahren intensiver Arbeit gegen angeblichen Linksextremismus nichts an Erfolgen vorzuweisen. Also muss mal wieder ein Polizeiaufgebot Connewitz durchforsten, um Gefahr zu suggerieren und Legitimität zu erhalten. Einfach nur noch peinlich«, schrieb Linksjugend-Sprecher Michael Neuhaus auf Twitter.

»Schluss mit der Kriminalisierung von Linken!«, forderte indes die Kampagne »Wir sind alle LinX«, die sich erst im März mit der »Leipziger Erklärung« an die Öffentlichkeit gewandt hatte - vor allem aus Solidarität mit der Aktivistin Lina E., die Neonazis angegriffen haben soll und seit November in Untersuchungshaft in der JVA Chemnitz sitzt. In der Erklärung, über die auch »nd« berichtete, heißt es: »Als Reaktion auf die neuen rechten Bewegungen rund um Pegida und AfD kommt es auch in Deutschland zu einem Anstieg antifaschistischer Aktivitäten. Der Staat reagiert mit Kriminalisierung und Verfolgung.«

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