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  • Länderspiel Deutschland gegen Ungarn

Die UEFA schießt ein Eigentor

Birthe Berghöfer über den hochpolitischen Versuch der UEFA, unpolitisch zu sein

Fußball ist in Deutschland und Europa schon lange nicht mehr nur Vergnügen und simpler Volkssport. Es ist ein riesiger Wirtschaftszweig, in dem Millionengelder für Spieler – deutlich weniger für Spielerinnen – ausgegeben wird, in dem Übertragungsrechte verkauft und Werbeprodukte vermarktet werden. Fußball ist ein Milliardengeschäft und allein schon deswegen in keiner Weise »neutral«.

Dennoch verkaufen sich Organisationen wie der europäische Fußballbund (UEFA) immer wieder als politisch neutral. Man müsse daher die Anfrage des Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter, die Allianz Arena während des Spiels Deutschland gegen Ungarn in Regenbogenfarben zu beleuchten, ablehnen, so die UEFA in einem Statement. Sie sei »eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen Parlaments abzielt« – und damit politisch. In Ungarn wurde vergangene Woche ein Gesetz verabschiedet, das »Werbung« für Homosexualität oder Geschlechtsangleichungen bei Minderjährigen verbietet. Stattdessen soll der Verband vorgeschlagen haben, das Stadion am Christopher Street Day oder während der Christopher-Street-Day-Woche ab dem 3. Juli entsprechend zu beleuchten.

Grotesker geht es kaum. Denn der Versuch der UEFA, Neutralität zu wahren, ist bereits politisch. Immerhin hat sich der Verband explizit gegen ein Zeichen für Akzeptanz und Gleichbehandlung von homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen entschieden. Und das nicht einmal grundsätzlich, sondern insbesondere an einem Spieltag der ungarischen Mannschaft. Die Entscheidung der UEFA ist also nicht nur »peinlich« und »befremdlich«, wie etliche Kritiker*innen im Netz erklärten, sondern auch ein politisches Zeichen - leider in die falsche Richtung.

Im Sinne der Wahrung eines »unpolitischen Fußballspiels« wäre es daher nur ratsam, den Beschluss der UEFA nicht zu befolgen und das Stadion am Mittwoch bunt anzustrahlen. Sowieso haben die Regenbogenfarben dank kommerzieller Ausschlachtung viel von ihrem politischen Hintergrund verloren. Man könnte also sagen: Neutraler als in einem Regenbogengewand geht kaum.

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