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  • Ukraine-Flüchtlinge in Berlin

Ohne Pass nicht willkommen

Anlässlich des Internationalen Roma-Tages wird auf Diskriminierung von Ukraine-Flüchtlingen verwiesen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sinnbildlicher geht es kaum. Aus dem Zelt am Hauptbahnhof, das unter dem schönen Titel »Welcome Hall« firmiert, seien Rom*nja-Familien aus der Ukraine gedrängt worden, berichtet Oleksandra Bienert von der Allianz Ukrainischer Organisationen. Sind Angehörige der größten europäischen Minderheit in Berlin also nicht willkommen?

Einen Tag vor dem Internationalen Roma Day an diesem Freitag erklärt Sozialsenatorin Katja Kipping im Abgeordnetenhaus dazu: »Diskriminierung von Romnja und Roma sind leider Realität und das beginnt damit, dass viele es in ihrem Kopf nicht zusammenbekommen: Ukraine-Flüchtlinge und Rom*nja.«

Auch letztere verdienten ebenso Schutz wie alle anderen, die vor dem Krieg fliehen, sagt Kipping. Ihre Verwaltung sei mit Berliner Rom*nja-Selbstorganisationen dazu im Austausch, man habe in den letzten Wochen immer versucht, Familienverbände zusammen unterzubringen oder auch dafür gesorgt, dass die Menschen gemeinsam in andere Bundesländer weiterreisen können.

Vereine und Organisationen wie Romani Penh, Roma Information Center und Roma Trial seien daher auch am Hauptbahnhof vor Ort und würden bei der Vermittlung und dem Versuch, Sorgen von Ankommenden abzubauen, helfen. Man habe am vergangenen Freitag zudem mit dem Verein Amaro Foro einen Workshop zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden des Zeltes, der Senatsverwaltung, aber auch von Polizeibeamt*innen und Bahn-Beschäftigten durchgeführt.

»Es darf nicht entscheidend sein, welchen Pass die Menschen haben, sondern ob sie vor Bomben fliehen mussten«, betont Kipping in Richtung des Bundes zu Vorfällen, in denen Rom*nja aus der Ukraine, weil sie nicht unter die in Kraft getretene Massenzustromrichtlinie fallen, Diskriminierung erfahren mussten.

Das beklagt am Donnerstag auch der Berliner Flüchtlingsrat und verweist auf eine Stellungnahme des Bundes Roma Verbands: »Berichte über Diskriminierung von Rom*nja an den Grenzen nehmen zu. Sie werden nicht in Autos mitgenommen, Busunternehmen weisen sie ab. In den Ankunftsorten werden sie aus unerfindlichen Gründen von den ›weißen‹ Ukrainer*innen separiert. Auch in den Ankunftsorten in Deutschland gibt es Schwierigkeiten«, heißt es in der Erklärung. In dieser wird auch auf die besondere Problematik hingewiesen, dass von den schätzungsweise 400 000 in der Ukraine lebenden Rom*nja circa 20 Prozent keine Personaldokumente hätten. Weil sie Schwierigkeiten haben, in die EU einzureisen, fliehen demnach viele ukrainische Rom*nja in das Nicht-EU- Nachbarland Moldau.

»Die Republik Moldau ist seit längerem eines der Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden in Deutschland, insbesondere in Berlin«, erklärt der Berliner Flüchtlingsrat. Alle von dort Einreisenden, also auch Angehörige der Rom*nja, müssten gleichberechtigt bei der Aufnahme berücksichtigt werden. »Der Berliner Senat ist gefordert, spezialisierte Beratungsangebote für die Zielgruppe zu stärken und auszubauen, jeglicher Diskriminierung entgegenzuwirken und landesrechtliche Spielräume zu nutzen, um den Menschen ein Aufenthaltsrecht zu ermöglichen.«

In Berlin werden anlässlich des 51. Roma-Tages zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, unter anderem die Roma Day Parade, die am Freitag um 16 Uhr startet und vom Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas zum Rosa-Luxemburg-Platz führt. Unter dem Motto »Still Hope in Paradise?« (dt. »Gibt es noch Hoffnung im Paradies?«) gibt es Konzerte und Theaterveranstaltungen, unter anderem im Maxim Gorki Theater.

Weitere Hinweise unter: romaday.info

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