Joana Mallwitz: Kein Herr in Frack

Joana Mallwitz, designierte Chefdirigentin des Konzerthauses Berlin, stellt ihr Programm vor

Wie viele lebende Dirigenten kennen Sie? Nein, Herbert von Karajan ist schon ein paar Jährchen tot. Denken Sie nochmal nach! Ja, von Daniel Barenboim war doch kürzlich wieder in der Zeitung zu lesen. Richtig, Kent Nagano haben Sie schon mal gehört (nicht eines seiner Dirigate, nur den Namen). Ah, auch Simon Rattle ist Ihnen ein Begriff. Sie sind ja ein richtiger Kenner!

Ein Frauenname ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen? Sei’s drum, es ist nicht Ihre Schuld, jedenfalls nicht Ihre allein. Und doch hört man nun hin und wieder von Dirigentinnen. Wie kommt’s? Nimmt es die Ernste Musik etwa ernst mit der Gleichberechtigung? Keineswegs. Aber was lange unmöglich schien, soll jetzt gehen.

Joana Mallwitz gehört zu den wenigen Frauen in ihrem Fach. 1986 in Hildesheim geboren, machte sie schnell Karriere. Als Frühstudentin widmete sie sich dem Klavierspiel und dem Dirigieren, gastierte an großen Häusern und war mit 27 Europas jüngste Generalmusikdirektorin. Im August vergangenen Jahres wurde bekanntgegeben, dass Mallwitz als Chefdirigentin die künstlerische Leitung des Konzerthauses Berlin ab der Spielzeit 2023/24 übernehmen wird.

Dieser Tage geistert Mallwitz erneut durch die Nachrichtenspalten verschiedener Zeitungen. Warum? Wie Leiter unzähliger Kulturinstitutionen stellt auch sie ihr Programm vor, mit dem das Publikum nach der Sommerpause rechnen kann. Selten schaffen es solche Meldungen in die Zeitung, die klassische Musik fristet ein Schattendasein innerhalb der Kulturberichterstattung. Spektakulär wird die Nachricht von Mallwitz’ Plänen, die erfreulicherweise das sinfonische Werk von Kurt Weill zu Gehör zu bringen gedenkt, durch ihr Geschlecht. Ist es denn kein Grund zur Freude, dass man nach ein paar Jahrhunderten Ungleichbehandlung so langsam die Kurve kriegt? Na ja, ein bisschen mehr Tempo bräuchte es vielleicht schon.

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