In Erinnerung an den Gewerkschafter Harald Werner

Kurz vor Weihnachten ist der Gewerkschaftslinke und Kämpfer für den Mindestlohn mit 83 Jahren gestorben

  • Ulrike Eifler
  • Lesedauer: 3 Min.
Harald Werner im Jahr 2007
Harald Werner im Jahr 2007

Die Nachricht vom Tod Harald Werners kurz vor Weihnachten reihte sich ein in eine Vielzahl von Nachrichten über verstorbene Genossinnen und Genossen. Zu ihnen gehörten auch Sybille Stamm und Detlef Hensche. Ihr Tod ist insbesondere für die Gewerkschaftslinke ein großer Verlust. Sie waren politisch kluge und gewerkschaftlich geerdete linke Intellektuelle, die uns in Zeiten aufbrausender gesellschaftlicher Stürme und linker Strategiesuche fehlen werden.

1940 in Berlin geboren und aufgewachsen, gehörte Werner zu einer Generation, deren Leben durch die Widersprüche der Nachkriegszeit und vielseitige Wendungen im Lebenslauf geprägt war. Der gelernte Stahlbauschlosser wurde Mitglied der IG Metall. Und später, als er in den Bereich Werbegrafik und Journalismus wechselte, engagierte er sich in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. Nachdem seine Aktivitäten ihn den Job bei der »Nord-West-Zeitung« gekostet hatten, entschied er sich zur Aufnahme eines sozialwissenschaftlichen Studiums an der Universität Oldenburg. Als Mitglied der DKP erhielt er Anfang der 80er jedoch offiziell Berufsverbot. Das veranlasste ihn, hauptamtlicher DKP-Funktionär zu werden – ein Amt, in dem er später die zunächst geheime, demokratisch-sozialistische »Erneuerungsströmung« mitgründete.

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Als mit der deutsch-deutschen Vereinigung auch die Linke die Chance zu einer neuen politischen Einheit hatte, wurden Harald und seine Frau Heidi Knake-Werner Mitglied der PDS. Von 2006 bis 2012 gehörte er dem Parteivorstand der Linken an, war Verantwortlicher für die politische Bildung und gewerkschaftspolitischer Sprecher. Beides war ihm sowohl Herzens- als auch Verstandessache. Ihm war klar, wie sehr die Substanz einer linken Partei von der politischen Bildung ihrer Mitglieder abhängt – nicht durch die Verankerung von Glaubenssätzen, sondern durch die Befähigung zur eigenständigen und fundierten Meinungsbildung.

Ebenso wichtig war ihm die Erdung linker Parteipolitik durch gewerkschaftliches Engagement, weshalb er die BAG Betrieb & Gewerkschaft mitgründete, den inzwischen größten innerparteilichen Zusammenschluss. Und es war unter anderem sein Verdienst, dass die BAG in der Entwicklungsgeschichte des deutschen Mindestlohns eine nicht unerhebliche Rolle spielte. So war sie es in den späten 90er Jahren, die gegen erheblichen Widerstand der eigenen Partei – damals noch der PDS –, die gerade im Osten den Verlust Tausender Arbeitsplätze fürchtete, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zum Thema gemacht hatte. Dass die Linke im Bundestagswahlkampf 2005 gegen den Widerstand aller anderen Parteien den Mindestlohn zu ihrer zentralen Forderung machte, war also auch Folge der unermüdlichen Arbeit Harald Werners.

Werner starb am 23. Dezember im Alter von 83 Jahren. Politische Gefährten auf dem Weg in eine bessere, gerechtere Welt zu verlieren, ist schmerzlich. Doch vielleicht kann es eine Mahnung sein, in den großen gesellschaftlichen Herausforderungen die Gegenwehr gegen die Zumutungen des Krisen-, Kriegs- und Katastrophenkapitalismus weiter zu organisieren, mit Werners Empathie und Beharrlichkeit und im respektvollen Gedenken an diesen wunderbaren Genossen.

Unsere Autorin ist Bundessprecherin der BAG Betrieb & Gewerkschaft der Linkspartei.

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