BSW nimmt in Berlin Form an

Wagenknecht-Unterstützer wollen im Frühsommer Landesverband gründen

Sahra Wagenknecht und Alexander King bei einem gemeinsamen Auftritt – damals noch unter dem Banner der Linken.
Sahra Wagenknecht und Alexander King bei einem gemeinsamen Auftritt – damals noch unter dem Banner der Linken.

Das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) formiert sich auch in Berlin. Am Dienstag erklärten ein Mitglied des Abgeordnetenhauses sowie vier Bezirksverordnete, in die neu gegründete Partei einzutreten. Bei den meisten von ihnen kommt das nicht überraschend: Das Abgeordnetenhausmitglied Alexander King sowie die Bezirksverodneten Reza Amiri (Friedrichshain-Kreuzberg), Martin Rutsch und Christine Scherzinger (beide Tempelhof-Schöneberg) hatten bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die Linkspartei zu verlassen und sich der Partei um Sahra Wagenknecht anschließen zu wollen. Neu in der Liste ist nur Sven Diedrich, bislang einer der Vorsitzenden der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte.

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»Sven Diedrich ist auf uns zugekommen und wir haben festgestellt, dass wir zu vielen Dingen eine gemeinsame Sicht haben«, sagt Alexander King zu »nd«. King koordiniert den Aufbau des BSW. »Das hat sich zwangsläufig so ergeben«, sagt er. Als Abgeordneter sei er das prominenteste Gesicht der neuen Partei und für Übertrittswillige der erste Ansprechpartner. Davon gebe es derzeit einige. »Nicht nur aus der Linken, auch aus anderen Parteien«, sagt King. Um wen es gehen könnte, will er aber nicht verraten. Er sagt nur, dass auch in anderen Bezirksverordnetenversammlungen bald BSW-Mitglieder sitzen könnten. »Jeder hat seinen eigenen Rythmus. Wir geben das bekannt, wenn es offiziell ist«, sagt King.

Nun will man zügig die Gründung eines Berliner Landesverbands anstreben. Um den Monat April herum könnte es so weit sein, schätzt King. Ob er dann selbst als Landesvorsitzender kandidieren will? »Das weiß ich noch nicht«, sagt er. Bis zur Gründung möchte man mit Veranstaltungen schon auf sich aufmerksam machen. Auch die Unterschriftensammlungen für den Antritt zur Europawahl müssen möglichst schnell organisiert werden.

Ganz kappen will man die Verbindungen zur Linken nicht. »Von den Parteien im Abgeordnetenhaus ist das natürlich immer noch die Partei, mit der ich die meisten Übereinstimmungen habe«, sagt der Ex-Linke King. Auch vielen anderen Übertretenden gehe es so. In den BVVen und im Abgeordnetenhaus will man daher auch weiter mit der Linkspartei kooperieren. »Da gibt es an vielen Punkten Gemeinsamkeiten«, sagt King. »Es wäre albern, dann nicht zusammenzuarbeiten.« Bei der Linken stößt das Angebot allerdings auf wenig Gegenliebe. »Wer eine Partei unter Mitnahme des Mandats verlässt, muss jetzt keine Avancen machen«, sagt Carsten Schatz, Vorsitzender der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zu »nd«.

Aber auch mit anderen Parteien kann er sich eine punktuelle Zusammenarbeit vorstellen. Nur nicht mit einer: »Selbstverständlich« werde es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, so King. »Das Menschenbild der AfD lehnen wir grundsätzlich ab.«

In der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg hat sich bereits eine BSW-Gruppe aus den beiden abtrünnigen Bezirksverordneten konstituiert. Die Verwaltung führe die Gruppe bereits in ihrem Register, sagt Martin Rutsch, einer der beiden BSW-Verordneten. Zurzeit bemühe man sich um eigene Räumlichkeiten im Rathaus. Die Nähe zur Linken wird hier auch räumlich sichtbar: In der BVV wird die BSW-Gruppe künftig hinter der Linksfraktion sitzen. Rutsch wünscht sich noch weitere Zusammenarbeit, etwa in Form von gemeinsamen Anträgen. »Wir reichen da die Hand«, sagt Rutsch. Auch hier wird das Angebot von den Angesprochenen eher nüchtern aufgenommen. »Der Weggang hat für uns als jetzt noch kleinere Fraktion Nachteile, die wir nicht mit Zusammenarbeit belohnen werden«, sagt Elisabeth Wissel, Vorsitzende der Linksfraktion in der BVV auf nd-Anfrage.

Für die Übertretenden waren vor allem bundespolitische Fragen ausschlaggebend, mit der Landespolitik der Linken hat man weniger Probleme. »Wenn ich das Wahlprogramm der Linken nicht unterstützt hätte, hätte ich mich ja nicht zur Wahl gestellt«, sagt King. Für ihn gehe es eher um Fragen wie Friedenspolitik oder einen zu starken Fokus auf Identitätsfragen. »Natürlich waren das aber auch immer wieder Debatten im Landesverband«, so King. Auch strategisch wirft er der Linke-Führung Fehler vor. »Es wurde sich zu stark auf innerstädtische Milieus und gut organisierte Bewegungen konzentriert«, sagt King. Seit seinem Übertritt erhalte er dagegen viel Zuspruch von Menschen, die in Randlagen leben. »Ganz normale Leute, eigentlich klassische SPD-Klientel«, so King.

Erste inhaltliche Konfliktlinien zwischen den beiden Parteien werden allerdings bereits deutlich. Differenzen sieht King etwa bei der Verkehrspolitik. Die Linke in Berlin sei hier zu wenig von den Grünen unterscheidbar. »Wir wollen weder Politik für die Autolobby machen, noch einseitig Fußgänger und Fahrradfahrer privilegieren«, sagt King. Kiezblocks, mit denen der Verkehr aus Wohnbezirken gehalten werden soll, sieht er kritisch. »Das verlagert sich dann nur an die Hauptstraßen, wo Leute leben, die sich weniger wehren können«, sagt King.

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