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AfD: Sieger mit ungewissen Aussichten in Brüssel

Wie es für die AfD im Europaparlament weitergeht, entscheidet Marine Le Pen

Viele Menschen hatten gehofft, dass die Alternative für Deutschland (AfD) bei den Europawahlen nicht gut abschneiden würde. Schließlich wurde im letzten halben Jahr allerlei über die extrem rechte Partei berichtet. Vom Potsdamer Geheimtreffen mit »Remigrationsplänen« über die juristische Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz bis zu Spionageskandalen um die beiden Spitzenkandidaten für das Europaparlament. Das alles hat der AfD nicht im größeren Umfang geschadet. 15,9 Prozent hat die Partei bundesweit eingefahren, in Ostdeutschland ist sie sogar die stärkste Kraft geworden.

Wenig verwunderlich also, dass die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla am Montagmittag äußerst gut gelaunt bei einer Pressekonferenz auftraten. Beide sprachen von einem schwierigen Wahlkampf. Die selbstverschuldeten Skandale deuten sie zu Kampagnen von Medien und »steuerfinanzierten Organisationen« um. Diese hätten aber nicht mehr verfangen, die Wähler*innen interessierten sich nicht für die Enthüllungen. Besonders freute sich Chrupalla über das sehr gute Abschneiden unter jungen Wähler*innen. Es sei gelungen, »das Rebellische in unserer Partei« in die Wählerschaft zu tragen. Damit habe man bei jungen Menschen punkten können.

»Die Brandmauern werden in Ostdeutschland fallen«, gab sich Alice Weidel zuversichtlich, die realpolitische Zukunft ihrer Partei betreffend. Für eine Zusammenarbeit mit CDU und BSW zeigte sich das Vorsitzendenduo offen. Tino Chrupalla freute sich besonders darüber, dass in manchem Kommunalparlament und Kreistag keine Entscheidung mehr gegen die AfD getroffen werden könne. Dies führe quasi automatisch zu Kooperationen.

Europa to go

Ein Podcast, der dich anlässlich der Europawahl 2024 ins »Herz« der EU mitnimmt. Begleite uns nach Brüssel und erfahre mehr über Institutionen wie das Europäische Parlament, was dort entschieden wird und warum dich das etwas angeht. Der Podcast ist eine Kooperation von »nd«, Europa.Blog und die-zukunft.eu. Alle Folgen auf dasnd.de/europa

Unsicher ist, mit wem die AfD im Europaparlament kooperieren wird. Bisher gehört die AfD-Delegation der Fraktion »Identität und Demokratie« (ID) an. Stärkste Kraft innerhalb der ID ist Marine Le Pens Rassemblement National (RN). Im RN hatte man sich kürzlich über Aussagen von Maximilian Krah geärgert, der die Verbrechen der SS relativierte. Die französischen Rechten wollten die Zusammenarbeit mit der AfD beenden. Die AfD wiederum reagierte, indem sie Maximilian Krah zu einem freiwilligen Verzicht auf Wahlkampfauftritte und seinen Posten im Bundesvorstand überredete.

Der neuen AfD-Delegation wird Krah nicht angehören, das erklärte er vor Journalist*innen am Rande der konstituierenden Sitzung der Delegation. Es habe eine Abstimmung gegeben, die gegen ihn ausgefallen sei. Krah selbst kritisierte die Entscheidung. Man könne als Partei nicht sagen, dass man sich für deutsche Interessen einsetzen wolle und gleichzeitig die Entscheidung, wer zur eigenen Delegation gehört, vom Rassemblement National abhängig machen. Gleichzeitig kündigte Krah an, dass er, auch ohne der Delegation anzugehören, weiter »für diese Partei im Europäischen Parlament laut und erfolgreich« arbeiten wolle.

René Aust, ein Vertrauter von Björn Höcke aus Thüringen, wird die Delegation der AfD im Europaparlament zukünftig leiten. Bei der Pressekonferenz am Montagnachmittag mit den beiden Parteivorsitzenden kommentierte er die Entscheidung zur Personalie Krah knapp und schwammig. Maximilian Krah habe »Zeit, die Vorwürfe, die bestehen, zu klären«. Den europäischen Partnern werde man mitteilen welche Personalentscheidungen man getroffen hat. Dabei gibt es auch eine Überraschung. Petr Bystron, gegen den staatsanwaltlich ermittelt wird und dem dubiose Geldzahlungen aus Russland vorgeworfen werden, soll der künftigen AfD-Delegation angehören. René Aust erklärte dazu, dass Bystron erklärt habe, wie er rechtlich gegen die Vorwürfe vorgehe. Für Bystron gelte die Unschuldsvermutung.

Bis Anfang Juli hat die AfD Zeit, um sich einer Fraktion im Europaparlament anzuschließen. Zwar gab René Aust sich optimistisch, dass dies funktionieren werde. Aber zwei Faktoren sprechen dagegen. Marine Le Pen will die Parlamentswahlen in Frankreich gewinnen. Auch ohne Maximilian Krah könnte ihr die AfD mit zu vielen Skandalen in Verbindung stehen. Der harte Rassismus der AfD, inklusive Remigrationsfantasien, passt nicht zum aktuellen Kurs von Le Pen.

Bestätigung dafür, dass die AfD ein skandalträchtiger Haufen ist, dürfte Le Pen vom neurechten Teil der Partei in den nächsten Wochen genug bekommen. Die Entscheidung, dass Krah nicht der Delegation angehören soll, wird schon jetzt heiß diskutiert. Und beim Bundesparteitag Ende des Monats stehen einige strittige Personalfragen auf der Tagesordnung.

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