Sachsen bekommt Haushalt mit links

Genossen unterstützen wie die Grünen den Etat des Minderheitsbündnisses von CDU und SPD

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Luise Neuhaus-Wartenberg, Susanne Schaper und Stefan Hartmann (vorn von links) gehören zu den fünf Linke-Abgeordneten, die den Etat mittragen
Luise Neuhaus-Wartenberg, Susanne Schaper und Stefan Hartmann (vorn von links) gehören zu den fünf Linke-Abgeordneten, die den Etat mittragen

Die Stimmen von 83,3 Prozent der sächsischen Linksfraktion für den Haushalt sind zu 100 Prozent sicher. »Das kann ich versprechen«, sagte deren Vorsitzende Susanne Schaper vor Beginn der zweitägigen Beratungen über das Zahlenwerk im Dresdner Parlament. Fünf der sechs linken Abgeordneten würden am Donnerstag dem ausgehandelten Etat für die Jahre 2025/26 zustimmen. »Das reicht auch«, fügt Schaper an. Der Koalition aus CDU und SPD fehlen im Parlament des Freistaats zehn Stimmen zur eigenen Mehrheit. Weil auch die Grünen zustimmen wollen, die sieben Abgeordnete stellen, ist ein Scheitern so gut wie ausgeschlossen. »Viele haben ja geunkt«, sagte Sören Herbst, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, »aber diese Woche können wir den Sack zubinden.«

Zeit wird es, dürften Kämmerer in Rathäusern oder Geschäftsführer von Vereinen und Initiativen der Zivilgesellschaft unisono seufzen. Sie litten unter der vorläufigen Haushaltsführung, in der sich der Freistaat seit Jahresbeginn befand, weil die langwierige Regierungsbildung nach der Landtagswahl im September den Beschluss eines Etats verhindert hatte. Nur gesetzliche Pflichtausgaben wurden finanziert, Fördermittel nur in stark reduziertem Umfang ausgereicht. Viele Projekte gerieten in existenzielle Schwierigkeiten. Hätte man sich auf einen Haushalt nicht mehr vor der parlamentarischen Sommerpause geeinigt, die am Freitag beginnt, hätte das ihr Ende bedeutet.

Das war ein zentrales Argument für Die Linke, dem Etat zuzustimmen. »Eine Zeit ohne Haushalt ist das schlimmste Kürzungsprogramm«, sagte Schaper und betonte, Tausende Jobs seien gefährdet gewesen. Außerdem habe man den Kabinettsentwurf in schwierigen Verhandlungen »deutlich verbessern« können. Rico Gebhardt, Finanzexperte der Fraktion, hatte kürzlich auf einem Parteitag zusätzliche Mittel für Kinderbetreuung, Integration, die Studierendenwerke oder die Kulturräume genannt. Insgesamt wird das Volumen der Änderungsanträge, die Grüne und Linke stellen, auf 250 Millionen Euro beziffert. Die Genossen betonen aber auch, dass es dadurch kein linker Haushalt werde. »Einer, den wir selbst aufgestellt hätten, sähe anders aus«, sagte Schaper und fügte an: »Wir holen die Kuh vom Eis, müssen aber weiter dafür kämpfen, dass sie Futter bekommt.«

»Wir holen die Kuh vom Eis, müssen aber weiter dafür kämpfen, dass sie Futter bekommt.«

Susanne Schaper Fraktionschefin Die Linke

Nicht alle in der Fraktion halten das für richtig. Der in Leipzig direkt gewählte Abgeordnete Nam Duy Nguyen hatte auf dem Parteitag die Zustimmung von einer »linken Handschrift« abhängig gemacht und gefordert, es brauche einige Projekte, die »spürbar den Alltag der Menschen verbessern«. Ansonsten überwiege das Risiko, dass eine Zustimmung zum Haushalt »den Rechten in die Hand spielt«. Die übergroße Mehrheit des Parteitags hatte das anders gesehen. Auch als der Landesvorstand der Partei am Mittwoch noch einmal über die von der Fraktion ausgehandelten Ergebnisse beriet, fiel die Zustimmung einstimmig aus. Die Linke habe eben, betonte Schaper, »den Anspruch, Verantwortung zu übernehmen«.

Zunächst hatte die Koalition freilich gar nicht mit den Genossen und den Grünen verhandelt, sondern mit dem BSW. Diesem gingen die Zugeständnisse aber nicht weit genug; aus der 15-köpfigen Fraktion wurden höchstens Enthaltungen in Aussicht gestellt. Weil das der Koalition nicht reichte, scheiterten die Etatgespräche wie schon im November die Verhandlungen über ein Regierungsbündnis. Das jetzt ausgehandelte Zahlenwerk bezeichnete BSW-Fraktionschefin Sabine Zimmermann als »Flickschusterei« ohne erkennbare Strategie. Es fehlten Impulse für eine Belebung der Wirtschaft oder Mittel für die Stabilisierung der Krankenhäuser. Grünen und Linken warf sie vor, sich zum »Steigbügelhalter für ein ›Weiter so!‹« machen zu lassen. Das BSW werde den jetzt vorliegenden Haushalt ablehnen, sagte Zimmermann. »Es gibt keine Veranlassung zuzustimmen.«

Auch von der AfD sind keine Stimmen zu erwarten. Man werde den Etat »in dieser Form« ablehnen, sagte Fraktionsvize Sebastian Wippel. Die AfD habe »mehr als einmal« angeboten, eine »solide, konservative Haushaltspolitik« zu unterstützen. Sie versteht darunter beispielsweise Kürzungen bei der Integration und der Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft. Nun gebe die CDU Geld, welches das Land eigentlich nicht habe, »für die Mehrheit von Rot-Grün aus«.

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