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Fragwürdige Razzia bei Nela Kruschinski im Sauerland
Gericht: Durchsuchung bei jungem SPD-Mitglied war illegal
Ein bemerkenswerter Vorgang: Im sauerländischen Menden wurde Anfang April die Wohnung der Familie Kruschinski durchsucht – von fünf Polizeibeamten in voller Montur. Die Maßnahme galt der Juso-Ortsvorsitzenden Nela Kruschinski. Laptop, Handy und Notizbücher der damals 17-Jährigen wurden von der Polizei beschlagnahmt. Als Grund gaben die Beamten an, die junge Frau werde verdächtigt, einen Tag vor einem Wahlkampfauftritt des damaligen CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in der örtlichen Schützenhalle auf das Gebäude Sprüche wie »Merz aufs Maul« gesprüht zu haben.
Jetzt hat das Landgericht Arnsberg die Razzia als rechtswidrig bewertet. Der Anwalt Kruschinskis, der SPD-Landtagsabgeordnete und ehemalige Justizminister Nordrhein-Westfalens, Thomas Kutschaty, hatte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Arnsberg eingereicht. Die Begründung für den Eingriff habe sich als zu dünn erwiesen, so das Gericht. Eine Zeugin hatte zwei junge Menschen am mutmaßlichen Tatzeitpunkt in der Nähe der Halle gesehen, konnte aber niemanden identifizieren. Hinzu kam ein anonymer Zettel, der bei der lokalen Polizei einging, in dem gefordert wurde, die Juso-Chefin und einen ihrer Bekannten »ins Visier« zu nehmen, berichtete der WDR.
Auch das Verfahren zur Erlassung des Durchsuchungsbefehls werfe Fragen auf. So hat die Polizei Hagen laut WDR die Durchsuchung bei Gericht »angeregt« und erwähnt, die Staatsanwaltschaft schließe sich dem an. Ein Antrag der Staatsanwaltschaft lag jedoch nicht vor. Der Richter, der den Durchsuchungsbeschluss unterzeichnet hatte, räumte später ein, keinen Kontakt zur Staatsanwaltschaft gehabt zu haben. Pikant an dem Vorgang ist auch, dass Charlotte Merz, Ehefrau des Bundeskanzlers, Direktorin des Amtsgerichts ist. Sie versicherte auf Anfrage des WDR-Magazins Westpol, keinen Einfluss auf den Fall genommen und nichts vom Durchsuchungsbeschluss gewusst zu haben.
Eine weitere Auffälligkeit in dem Fall sind die Aktivitäten des Kriminalbeamten Wolfgang Exler, der für die CDU im Mendener Stadtrat sitzt und Vorstandsmitglied des örtlichen Schützenvereins ist. Laut WDR befragte er die erwähnte Zeugin und unterschrieb einen Ermittlungsbericht. Die Polizei Hagen erklärte indes, Exler sei nie mit den Ermittlungen in dem Fall beauftragt gewesen. Exler posierte zudem mit anderen CDU-Politikern vor den Graffiti und machte sie zum Thema im Wahlkampf.
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