• Politik
  • Kampagne gegen Gaza-Krieg

Nicht mit Allianz versichern

Eine Kampagne fordert den Ausstieg von Versicherungen aus Militärgeschäften mit Israel

Mit Bulldozern von Caterpillar zerstört Israels Militär Infrastruktur im Westjordanland und in Gaza – Allianz investiert in die US-Firma.
Mit Bulldozern von Caterpillar zerstört Israels Militär Infrastruktur im Westjordanland und in Gaza – Allianz investiert in die US-Firma.

Eine neue Kampagne »Keine Allianz mit Völkermord« will erreichen, dass sich das Münchner Unternehmen Allianz vollständig aus Geschäften zurückzieht, die den Krieg in Gaza und die Klimakrise befeuern. Die Initiator*innen verweisen dazu auf die besondere Verantwortung des Finanzsektors, da Investitionen und Versicherungen mörderische militärische und fossile Industrien erst ermöglichen. Ihre Recherche fassen sie in einem Factsheet zusammen, das »nd« vorliegt.

Die Aktiengesellschaft Allianz spielt demnach eine wichtige Rolle bei der Finanzierung des Militärhaushalts in Israel. Ihre US-Tochter PIMCO soll fast 930 Millionen Euro an Staatsanleihen erworben haben, die zwischen 2022 und 2024 zur Deckung des rasant wachsenden Militärbudgets ausgegeben wurden. So steht es auch im 39-seitigen Bericht zur »Ökonomie des Genozids«, den die UN-Sonderberichterstatterin für die palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, Ende Juni vorgelegt hat.

Allianz soll dem Bericht zufolge 6,8 Milliarden Euro in Firmen investieren, die bei Besatzung und Krieg gegen Gaza eine Rolle spielen.

»Allianz investiert 420 Millionen Euro in Rüstungsunternehmen, die Israel mit Militärwaffen beliefern. Diese Waffen werden bei der Besetzung und dem anhaltenden Völkermord in Palästina eingesetzt«, heißt es in einer »Divestment-Erklärung«, die als Grundlage der Kampagne dient. Die Aktivist*innen erinnern an die Feststellung des Internationalen Gerichtshofs vom Januar 2024, wonach es »plausibel« erscheine, dass Israel in Gaza Völkermord begeht. Unternehmen wie Allianz seien daher verpflichtet, nicht zu dessen Fortsetzung beizutragen.

Zu den Investitionen zählten Anteile im Wert von 64 Millionen Euro an die britische Firma BAE Systems, die M109-Haubitzen liefert, die – etwa im Libanon – laut Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch auch Munition mit weißem Phosphor verschießen. Die Investitionen von Allianz in den US-Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing (53,6 Millionen Euro) beträfen die Herstellung von Lenksystemen für Bomben, die bei Luftschlägen in Gaza zivile Opfer forderten. Weitere Engagements umfassten die ebenfalls in den USA angesiedelte Firma Caterpillar mit knapp 167 Millionen Euro – sie ist bekannt für den D9-Bulldozer, der beim Abriss palästinensischer Wohnhäuser eingesetzt wird. Präzisionsmunition von Honeywell International soll unter anderem bei einem Angriff auf eine UN-Schule im Juni 2024 verwendet worden sein – Allianz ist an dem US-Rüstungskonzern angeblich mit 65,6 Millionen Euro beteiligt.

Allianz soll dem Bericht zufolge insgesamt 6,8 Milliarden Euro in Firmen investieren, die bei Besatzung und Krieg gegen Gaza eine Rolle spielen – also auch nicht-militärische. Dazu gehören Kapitalanlagen und Versicherungspolicen für Konzerne, die in Israel oder den illegal besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind – sie schaffen damit Bedingungen, die israelische Menschenrechtsverletzungen ermöglichen, heißt es in einem Aufruf. Vorgestellt wurde die Kampagne anlässlich des seit Mittwoch in Ulm stattfindenden Camps »Shut Elbit down«. Besondere Aufmerksamkeit gilt deshalb der Kooperation mit dem gleichnamigen israelischen Rüstungskonzern: Allianz investiere nicht nur selbst in Elbit Systems, sondern versichere auch dessen britische Fabriken, lautet der Vorwurf. Auch Rheinmetall soll dabei eine Rolle spielen: Allianz habe in ein Artilleriesystem der deutschen Firma investiert, das gemeinsam mit Elbit entwickelt wurde.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Beträchtliche Mittel investiert Allianz angeblich auch in fossile Energien: Das Unternehmen halte Policen im Wert von rund 560 Millionen Euro und investiere mehr als 1,6 Milliarden Euro in Öl- und Gaskonzerne wie BP, ExxonMobil und Chevron, so der Bericht der Kampagne. Diese sollen in Israel auch Infrastruktur wie die Arish-Ashkelon-Pipeline betreiben, die israelische Siedlungen versorgt – während Gaza von Strom und Energie abgeschnitten wird.

Die neue Kampagne kritisiert aber nicht nur Allianz. So investiert etwa die deutsche AXA mehr als 3,8 Milliarden Euro in Geschäfte mit Rüstungs- und Energiekonzernen. Auch Aviva und Zurich werden als Komplizen des Genozids in Gaza betrachtet. Allianz selbst hat bislang keine Abkehr von ihren Geschäftspraktiken erkennen lassen. Im Gegenteil: Ihre Investitionen in Rüstungsunternehmen stiegen 2024 nahezu auf das Doppelte. Gegenüber »nd« wollte der Konzern die Geschäftspraktiken und Vorwürfe der Kampagne »Keine Allianz mit Völkermord« nicht kommentieren.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.