2026 will die AfD regieren

Im kommenden Jahr drohen zentrale Erfolge für die extrem rechte Partei

Ulrich Siegmund, Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt, geht planvoll vor, um der erste AfD-Ministerpräsident zu werden.
Ulrich Siegmund, Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt, geht planvoll vor, um der erste AfD-Ministerpräsident zu werden.

2025 war für die AfD ein gutes Jahr. Der Brandmauerbruch von Friedrich Merz zum Jahresanfang, eine mit 20,8 Prozent erfolgreiche Bundestagswahl, Schmeicheleien aus der US-Regierung, eine Verdreifachung in den nordrhein-westfälischen Städten und eine Annäherung von Wirtschaftsvertretern sind nur Schlaglichter der Erfolge für die extrem rechte Partei im zu Ende gehenden Jahr.

Siegessicher in Ostwahlen

Für 2026 hat sich die Partei allerdings noch mehr vorgenommen. Man will regieren, und die Chancen dafür stehen in Sachsen-Anhalt, wo am 6. September gewählt wird, und in Mecklenburg-Vorpommern, wo der Urnengang zwei Wochen später stattfindet, gar nicht schlecht. Infratest-Dimap-Umfragen sahen die Partei zuletzt bei 40 bzw. 38 Prozent. In Sachsen-Anhalt stehen dagegen SPD und BSW je nach Umfrage nah an der Fünf-Prozent-Hürde. Sollten sie nicht in den Landtag einziehen, würden die 40 Prozent der AfD für eine Alleinregierung ausreichen. Ministerpräsident soll dann Ulrich Siegmund werden, der seine Kampagne »Vision 2026« genannt hat.

Siegmund gehört zum extrem rechten Kern der AfD. Er nahm am berühmten »Geheimtreffen« von Potsdam teil und nutzt offensiv den Kampfbegriff »Remigration«. In seiner »Vision 2026« spricht Siegmund am Beispiel der Migrationspolitik davon, dass bisher eine Politik gegen das »eigene Volk« gemacht werde. Dagegen verspricht er »mutige Konzepte« und »klare Alleinstellungsmerkmale – insbesondere im Bereich der inneren Sicherheit. Zum Ende seiner Vision appelliert er im Trump-Stil: «Lassen sie uns gemeinsam unser Land zurückholen!» Die AfD wird bundesweite Ressourcen aufbringen, um Ulrich Siegmund zu unterstützen und die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt zu einem Erfolg zu machen.

Als Sieger will auch Leif-Erik Holm aus der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 20. September gehen. Holm ist Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Bundeschef der AfD. In Schwerin will er direkt gegen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig antreten. Auf einen Listenplatz verzichtet der ehemalige Radiomoderator. Als erste Amtshandlung als Ministerpräsident will Holm den Rundfunkstaatsvertrag kündigen.

Achtungserfolge in Berlin und dem Südwesten

Zeitgleich zu den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern wird auch das Abgeordnetenhaus in Berlin neu gewählt. In der Hauptstadt hat die AfD mit Regierungsämtern nichts zu tun. Mit zuletzt 16 Prozent in Umfragen liegt sie aber vor der SPD und gleichauf mit den Grünen. Das wäre ein deutlicher Erfolg für die Hauptstadt-AfD.

Um Achtungserfolge geht es ihr zudem bei den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die schon im kommenden März stattfinden. Ebenso bei den Kommunalwahlen in Bayern, Hessen und Niedersachsen. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg hat die Partei mit Markus Frohnmaier einen Spitzenkandidaten, der zuletzt einiges an Prominenz gewonnen hat. Junge Republikaner zeichneten ihn in New York aus. Frohnmaier nutzte die Preisverleihung, um ein düsteres Bild von Deutschland zu zeichnen. «Liberale Eliten» gingen gegen die Meinungsfreiheit vor, die Opposition würde unterdrückt. Mit einer Anspielung auf Ronald Reagan forderte Frohnmaier Bundeskanzler Merz auf: «Tear down this Brandmauer!» Mit zuletzt 21 Prozent in Umfragen kann sich die AfD gute Chancen ausrechnen, zweitgrößte Fraktion im Stuttgarter Landtag zu werden. An der Regierungsbildung wird sie aber wohl nicht beteiligt werden, da hilft auch kein verhunzter Reagan-Spruch.

Am 22. März, zwei Wochen nach der Abstimmung in Baden-Württemberg, gehen die Menschen in Rheinland-Pfalz an die Urnen. Bei der Bundestagswahl 2025 schaffte es die AfD in Kaiserslautern schon, die meisten Zweitstimmen zu gewinnen. Der einzige Wahlkreis im Westen, neben Gelsenkirchen, in dem der Partei das gelang. An solche Erfolge will die AfD nun anschließen. In Städten wie Kaiserslautern oder Ludwigshafen spricht sie vor allem frustrierte Industriearbeiter an. Im ländlichen Raum inszeniert sie sich als Kümmererpartei und betreibt soziale Treffpunkte.

Spitzenkandidat für den Mainzer Landtag, wo die AfD mit 19 Prozent aktuell hinter CDU und SPD liegt, ist der Landespolitiker Jan Bollinger. Er wurde schon im vergangenen Juni dazu bestimmt und erklärte in einer extrem migrationsfeindlichen Rede, dass er eine «umfassende Abschiebeoffensive mit Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft» umsetzen werde. In einem «nationalen Pilotprojekt» soll der Flughafen Hahn zum «Abschiebeflughafen» werden, an dem die Abschiebeflieger abheben, «bis die Startbahnen glühen». Bollingers Landtagskollegen Joachim Paul war im vergangenen Herbst der Antritt als Oberbürgermeisterkandidat von Ludwigshafen verwehrt worden, da an seiner Verfassungstreue gezweifelt wird. Gerichte bestätigten die Einschätzung des lokalen Wahlausschusses.

Vor Gericht und bei Parteitagen kann viel passieren

Im kommenden Jahr stehen aber auch einige Gerichtsverfahren mit AfD-Beteiligung an, die für die Partei wichtig sind. Schon im Januar wird vor dem Verwaltungsgericht Potsdam über die Einstufung der Brandenburger AfD als «rechtsextremistischer Verdachtsfall» in den Jahren 2019/2020 entschieden. Inzwischen hat der Verfassungsschutz die AfD in Brandenburg als «gesichert rechtsextrem» eingestuft. Auch dagegen hat die Partei geklagt, einen Termin für eine Verhandlung gibt es noch nicht.

Auch bundesweit wurde die AfD im vergangenen Sommer als «gesichert rechtsextrem» eingestuft. Die Partei klagt dagegen, der Verfassungsschutz hat eine sogenannte «Stillhaltezusage» gegeben, mit der die Einstufung erst mal ruht. Im Verlauf des Jahres ist allerdings damit zu rechnen, dass das Verwaltungsgericht Köln über die Einstufung entscheidet. Sollte das Urteil nicht zugunsten der AfD ausgehen, kann die Partei vor das Oberverwaltungsgericht Münster ziehen. Mit einer Entscheidung wäre dann nicht mehr 2026 zu rechnen. Die Einstufung des Verfassungsschutzes ist politisch bedeutend, da einige Politiker anderer Parteien ihre Haltung zu einem AfD-Verbot von ihr abhängig machen.

Wie auch immer sie eingestuft ist, stehen bei der AfD 2026 Vorstandswahlen an. Am ersten Juliwochenende will man sich in Erfurt zum Parteitag treffen. Die Ortswahl Erfurt wird von vielen Beobachtern als Respektsbekundung an Björn Höcke interpretiert. Ziemlich spekulativ dürften allerdings Überlegungen sein, dass dieser in Erfurt auch nach dem Parteivorsitz greifen könnte. Alice Weidel hat erst kürzlich angekündigt, dass sie die Doppelspitze mit Tino Chrupalla fortsetzen möchte, und Björn Höcke wird seinen wahlkämpfenden Parteifreunden keine Kampfabstimmung mitten im Jahr zumuten.

Wer auf Trouble beim AfD-Parteitag in Erfurt hofft, sollte stattdessen auf die antifaschistischen Kräfte setzen. Das Bündnis «Widersetzen» hat schon Proteste angekündigt. Die Gründung der AfD-Jugend neulich konnte es jedenfalls empfindlich stören.

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