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CDU will Thälmann-Kopf einschmelzen
Berliner Bezirk Pankow soll sich für Streichung von der Denkmalliste einsetzen
Die CDU in Berlin-Pankow möchte das Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße einschmelzen lassen und den Erlös aus dem Verkauf der Bronze Opfern des russischen Angriffs auf die Ukraine zukommen lassen. Das ist der Inhalt eines Antrags von David Paul und weiteren CDU-Bezirksverordneten. Am Mittwoch stand er weit hinten auf der Tagesordnung des Bezirksparlaments und kam nicht mehr dran. Der Antrag »Keine Ehrung für Demokratiefeinde - Ernst-Thälmann-Denkmal abbauen!« wird also erst bei der nächsten Situng am 4. Mai behandelt.
Die von der CDU für ihren Vorstoß gelieferte Begründung beginnt gleich mit einer historisch falschen Darstellung. Denn Ernst Thälmann (1886-1944) soll ein KPD-Funktionär »der ersten Stunde« gewesen sein, der schon unmittelbar nach der Gründung der Partei in deren Zentralausschuss gewählt wurde. Tatsächlich gehörte Thälmann aber im Januar 1919 noch der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an und trat erst fast zwei Jahre später, im November 1920, in die KPD über. Aber mit Thälmann selbst hält sich die CDU in ihrer Antragsbegründung nicht lange auf. Nur eine halbe von drei Seiten widmet sie seiner Person. Dann kommen anderthalb Seiten zum bundesdeutschen KPD-Verbot von 1956 und eine Seite Darlegung, dass der russische Präsident Wladimir Putin sein Land zu einer Weltmacht wie zu sowjetischen Zeiten machen wolle und das Denkmal deshalb anstößig sei.
»Der Antrag erlaubt einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt und das Geschichtsbild seiner Autoren«, meint Bezirksbürgermeister Soeren Benn (Linke). Er stellt klar: Das Landesdenkmalamt entscheide, ob ein Denkmal unter Schutz gestellt bleibt.
Linksfraktionschef Matthias Zarbock sagt: »Der Antrag der CDU-Fraktion konstruiert pietätlos einen Zusammenhang zwischen dem Denkmal für den von deutschen Faschisten ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann und dem verbrecherischen Krieg Putins gegen die Ukraine, um eine immer wieder vorgebrachte Forderung nach dem Abriss des Denkmals zu begründen.« Zarbock findet das »zynisch« angesichts der schrecklichen Folgen des Krieges. »Die Linksfraktion lehnt das ab«, erklärt Zarbock. »Auch deshalb, weil wir den Weg weitergehen wollen, uns mit der Geschichte auseinanderzusetzen, anstatt die Anlässe dazu aus dem Stadtraum zu tilgen.« Die Linke wolle »widersprüchliche Aspekte der Geschichte wie auch der Person Thälmanns sichtbar machen und sichtbar bleiben lassen«.
Eine künstlerische Kommentierung des Denkmals wurde im November 2021 eingeweiht. Fünf Betonquader umstellen den Thälmann-Kopf und holen ihn quasi von seinem hohen Sockel. Dazu drehte die Künstlerin Betina Kuntzsch zehn Kurzfilme, die sich mit Thälmanns Leben und seiner Verehrung in der DDR sowie mit der Geschichte des Areals auseinandersetzen. Eine historisch-kritische Kommentierung soll noch dazukommen. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), aber auch der Ex-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke (Linke) und andere protestierten im November. Sie sahen durch die künstlerische Kommentierung, die sich sehr kritisch, aber keineswegs oberflächlich mit Thälmann auseinandersetzt, das Andenken an das Naziopfer in den Dreck gezogen.
Der CDU genügt Kritik allein aber nicht. »Eine kritische Kommentierung dieses Denkmals ist nicht ausreichend und ist Hohn und Spott für alle Opfer von sowjetischen und kommunistischen Diktaturen sowie für alle ukrainischen Menschen«, schimpft sie.
Künstlerin Kuntzsch sagt, das könne sie »nicht ernst nehmen«. Sie verweist darauf, dass der Sockel des Denkmals aus ukrainischem Marmor besteht. Und der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel (1917-2003), der neben dem Thälmann-Kopf auch das berühmte Karl-Marx-Denkmal in Chemnitz schuf, kam als Sohn einer jüdischen Familie im ukrainischen Semjonowka zur Welt.
»Das Thälmann-Denkmal ist in seinem heroischen Bombast aus der Zeit gefallen«, findet Felix Reifschneider (FDP), der im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. »So wie es ist, darf es nicht bleiben.« Thälmann sei schließlich Antidemokrat gewesen. Reifschneider hält es nichtsdestotrotz für »populistisch«, so wie die CDU den Umgang mit dem Denkmal mit dem aktuellen Kriegsleid in der Ukraine zu verknüpfen. Es gebe »bessere Wege, mit einem Denkmal umzugehen, als es einzuschmelzen«, sagt der FDP-Politiker.
Der DKP-Landesvorsitzende Stefan Natke erinnert an die Reichspräsidentenwahl 1932, bei der neben Ernst Thälmann Amtsinhaber Paul von Hindenburg und Adolf Hitler antraten. Thälmanns Losung damals: »Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt den Krieg.« So sei es dann leider auch gekommen. Mit einem Reichspräsidenten Ernst Thälmann wäre die Geschichte anders verlaufen, ist Natke überzeugt. »Er war Antimilitarist und Antifaschist.« Jetzt während eines Krieges und mit diesem Krieg als Vorwand ein solches Denkmal abräumen zu wollen, sei ein Skandal.
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