Abwahl von rechtem CDU-Mann scheitert: Wansner behält Vorsitz

Der Berliner CDU-Abgeordnete Kurt Wansner darf trotz rechter Äußerungen den Verfassunsschutzausschuss weiter leiten

Während Kurt Wansners Aussagen nicht mehr tiefer sinken können, liegt der CDU-Abgeordnete selbst noch lange nicht am Boden.
Während Kurt Wansners Aussagen nicht mehr tiefer sinken können, liegt der CDU-Abgeordnete selbst noch lange nicht am Boden.

Kurt Wansner (CDU) bleibt Vorsitzender des Verfassungsschutzausschusses, einen Antrag auf Abwahl hat der Ausschuss des Abgeordnetenhauses am Montag mehrheitlich abgelehnt. Damit sitzt dem Gremium, das den Verfassungsschutz kontrollieren soll, weiterhin ein Politiker vor, der schon lange mit rechten bis rechtsextremen Äußerungen von sich reden macht.

»Natürlich lasse ich mir nicht nehmen, meine Meinung zu sagen«, leitete Wansner vor der Abstimmung seine halbgare Entschuldigung ein. Er bedauere es außerdordentlich, dass er sich »dabei manchmal zu sehr von meinen Emotionen habe leiten lassen«. Er habe sich missverständlich ausgedrückt. Den Regierungsfraktionen CDU und SPD reichte das aus, um über Wansners rechte Entgleisungen hinwegzusehen. Zu sechst überstimmten ihre Vertreter zwei grüne und ein linkes Ausschussmitglied.

Der Antrag geht auf Ario Mirzaie (Grüne) zurück, Ausschussmitglied und Sprecher für Strategien gegen rechts der Grünenfraktion. »Die SPD setzt Koalitionsraison vor Brandmauer«, kommentierte er das Ergebnis gegenüber »nd«. Im Ausschuss verteidigte er sich zudem gegen den Vorwurf des SPD-Abgeordneten Jan Lehmann, er habe mit dem Antrag vor allem auf den Medienzug aufspringen wollen. »Wir spielen keine Spielchen der Aufmerksamkeitsökonomie. Das ist ein zutiefst demokratisches Anliegen.«

Anlass für den Abwahlantrag war Wansners öffentliche Diffamierung der bundesweiten Proteste gegen Rechtsextremismus. Damit habe sich der Abgeordnete für den Ausschussvorsitz »endgültig disqualifiziert«, begründete Mirzaie den Antrag. »Der Ausschuss für Verfassungsschutz und dessen Vorsitz spielen eine herausragende Rolle für den Schutz unserer Demokratie«, heißt es darin weiter. Es sei deshalb die Aufgabe, »rechte Rhetorik und Verschwörungsideologien zurückzuweisen«.

Wansner hatte im Januar mit einem Facebook-Post für Empörung gesorgt. Der Abgeordnete äußerte sich darin abfällig über eine Anti-AfD-Demonstration in Leipzig. So schrieb er, die Demonstration zeige, »wie diese abgewirtschaftete Bundesregierung zusammen mit ihren linksradikalen Kampfverbänden gegen die arbeitende Bevölkerung mobil macht«, und unterstellte der bundesweiten Bewegung gegen Rechtsextremismus damit ein unlauteres Ziel – typisch für rechte Verschwörungserzählungen.

Zudem raunte er von einer »linksradikalen Führung unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks«, bediente also ein klassisches AfD-Feindbild, und diskreditierte die bürgerlichen Anti-AfD-Proteste als »linke Schlägertrupps«, indem er sie mit der Eskalation auf der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin vermischte.

Auf diesen Post reagierten insbesondere die Berliner Oppositionsfraktionen mit Rücktrittsforderungen. Die Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, sagte: »Kurt Wansners rechte Verschwörungsmythen machen ihn untragbar auf diesem Posten.« Und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (ebenfalls Grüne) sagte: »Kurt Wansner überschreitet mit seinen Äußerungen deutlich Grenzen.«

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Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, hat als Ausschussmitglied für den Abwahlantrag gestimmt. Er betont gegenüber »nd« die wichtige Rolle eines Ausschussvorsitzenden, der Diskussionen moderiert, Tagesordnungen festlegt, Abläufe koordiniert und Sonderbefugnisse wie etwa Akteneinsicht bei der entsprechenden Verwaltung beantragt. »Da darf es nicht den Verdacht geben, dass er die Fraktionen unerschiedlich behandelt.« Es sei ein Grundvertrauen nötig, das bei Wansner nicht gegeben sei: »Alles was links von der CDU ist, rückt er ins Licht der Verfassungswidrigkeit

Der gescheiterte Antrag liefere Wansner keinen Freifahrtschein. »Wir werden genau sehen, wie er den Ausschuss leitet und was er sonst noch von sich gibt. Man kann so einen Antrag auch nochmals stellen«, sagt Schrader. Vor allem fordert er jedoch von der CDU, sich genau zu überlegen, ob sie Wansners Entgleisungen wie gehabt weglächeln wolle.

Die Berliner CDU ließ sich vor der Ausschusssitzung nicht zu einer wirklichen Distanzierung hinreißen. Fraktionschef Dirk Stettner verwies lediglich auf ein Statement von Ende Januar. Darin räumte er zwar ein, dass Wansner zu »überspitzten Formulierungen« neige, behauptete jedoch zugleich, sein Parteikollege stehe »fest auf dem Boden unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung«. Auch die Koalitionspartnerin SPD hatte vorab keine klare Position zu der Personalie bezogen.

Wansner sitzt seit 1995 für die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus. Seit Jahren macht er keinen Hehl aus seinen rechtsnationalen und rassistischen Ansichten. Im Februar 2023 wandte er sich auf Facebook an die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, und schrieb in typischer NPD-Rhetorik, sie solle »Deutschland doch einfach verlassen«, wenn es ihr hier nicht gefalle. Wenig später hetzte er laut »Tagesspiegel«, dass »Millionen Migranten« eine zu große finanzielle Belastung für Deutschland darstellten. Kürzlich bezeichnete er die evangelische Kirche als »Kampfverband der Grünen«, der »Schlepperbanden« unterstütze – und diffamierte Seenotrettung auf eine menschenfeindliche Weise. Am Wochenende löschte Wansner einen Großteil seiner Facebook-Posts aus den vergangenen acht Jahren.

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