Gericht reduziert Urteil im Antifa-Prozess

Hafterleichterung und Aufhebung von Meldeauflage für Mitangeklagte aus Italien und Deutschland

Auf einer Pressekonferenz hatte die Budapester Polizei ihre Ermittlungsergebnisse vorgestellt, im Oktober erhob die Staatsanwaltschaft deshalb Anklage gegen zunächst drei Aktivisten.
Auf einer Pressekonferenz hatte die Budapester Polizei ihre Ermittlungsergebnisse vorgestellt, im Oktober erhob die Staatsanwaltschaft deshalb Anklage gegen zunächst drei Aktivisten.

Das Berufungsgericht in Budapest hat eine gegen Tobias E. verhängte Haftstrafe deutlich reduziert. Als Mitglied einer »linksextremistischen Organisation junger Erwachsener« war der deutsche Staatsangehörige im Januar zu drei Jahren Haft und einer fünfjährigen Einreisesperre verurteilt worden. Davon bleiben nach einer Verhandlung am Dienstag nun ein Jahr und zehn Monate Haft für den aus Berlin stammenden 29-jährigen Aktivisten. Die Staatsanwaltschaft plädierte für ein härteres, die Verteidigung für ein milderes Urteil.

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Der deutsche Staatsangehörige hatte sich im Januar zu dem Vorwurf der Mitgliedschaft schuldig bekannt und kam deshalb um ein Hauptsacheverfahren herum. Dabei geht es um Vorwürfe im Rahmen des »Tages der Ehre«, bei dem zwischen dem 9. und 11. Februar 2023 in fünf Fällen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten angegriffen wurden. Vier Personen wurden dabei nach Angaben der Polizei schwer, fünf weitere leicht verletzt.

Bis zur Berufungsverhandlung saß Tobias E. für fast 16 Monate in verschärfter Untersuchungshaft und hat damit mehr als zwei Drittel der verhängten Strafe abgesessen. Über einen möglichen Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung muss dann ein anderes ungarisches Gericht entscheiden.

Vor zwei Wochen hat das Berufungsgericht in Budapest die Entlassung der ebenfalls in der Hauptstadt inhaftierten Italienerin Ilaria Salis aus der Untersuchungshaft in den Hausarrest erlaubt, allerdings muss sie dazu in Ungarn bleiben. In sozialen Medien hatte sich die 38-Jährige wenige Tage später beim Pizzaessen in Freiheit gezeigt. Inzwischen kandidiert Ilaria S. für die italienische links-grüne Liste für die Wahl ins Europaparlament.

Eine im Antifa-Komplex in Budapest mitangeklagte 26-jährige Deutsche erhielt bereits bei ihrer Festnahme im Februar 2023 Hafterleichterung und musste sich regelmäßig bei der deutschen Polizei melden, diese Auflage wurde nun aufgehoben. Zusammen mit Ilaria S. wartet sie auf die Fortsetzung der Beweisaufnahme im Hauptverfahren, das im September fortgesetzt wird. Wenige Wochen später will das Gericht dann ein Urteil fällen.

Im gleichen Komplex hat die ungarische Staatsanwaltschaft nach einem Europäischen Haftbefehl die Auslieferung der beiden deutschen Staatsangehörigen Maja T. und Hanna S. beantragt, die in Dresden und Nürnberg in Untersuchungshaft sitzen. Ein weiterer Beschuldigter wurde in Finnland festgenommen.

Der ebenfalls beschuldigte Gabriele M. aus Mailand wird indes nach einer Entscheidung der italienischen Generalstaatsanwaltschaft wegen menschenunwürdiger Bedingungen im Gefängnis nicht ausgeliefert. Ein aus Ungarn ausgestellter Europäischer Haftbefehl existiert jedoch weiterhin; bei der Reise in einen anderen EU-Staat droht dem Italiener die Verhaftung.

Allein in Deutschland werden weitere neun Personen im Zusammenhang mit den Ermittlungen in Budapest gesucht. Auf das Angebot einiger ihrer Eltern und Anwälte, sich einem deutschen Verfahren zu stellen, wenn eine Nicht-Auslieferung nach Ungarn zugesichert werde, gingen deutsche Justizbehörden nicht ein. Die Gesuchten sowie die beiden in Budapest angeklagten Deutschen gehören nach Ansicht der sächsischen Justiz der als gewalttätig bezeichnetenen Gruppe um die vor einem Jahr in Dresden verurteilte Gruppe um Lina E. an.

Vergangene Woche hat sich auch Martin Schirdewan, der Ko-Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament, gegen die drohende Auslieferung weiterer Aktivisten ausgesprochen. Der Verfolgungswille Ungarns im Antifa-Komplex sei »völlig unverhältnismäßig«, deutsche Behörden agierten als »willige Vollstrecker«.

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