- Berlin
- Lehrkräfte-Mangel
Berliner Schulstart mit Personallücke
Fast 500 Vollzeit-Lehrkräfte fehlen an Berliner Schulen
In einer Woche geht das nächste Berliner Schuljahr los. Aber der Schülerschar stehen nicht ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung. Das geht aus einer Anfrage der Linksfraktion an die Bildungsverwaltung hervor. Stand 1. August gab es einen Einstellungsbedarf von 4161 Vollzeit-Lehrkräften. Eingestellt wurden bislang 4145 Personen. Die Zahlen sind vorläufig. Wie viel Personal möglicherweise genau fehle, könne erst Anfang Oktober gesagt werden, so die Bildungsverwaltung.
Die geringe Differenz zwischen dem benötigten und dem bereits eingestellten Personal täuscht über das Ausmaß des Problems hinweg. Wenn man die Teilzeitquote des vergangenen Jahres auf die Neueinstellungen anwendet, entspricht das etwa 3614 Vollzeiteinheiten – es bleibt also eine Lücke von 547 Lehrkräften in Vollzeit. Außerdem haben nur 695 der neu eingestellten Lehrkräfte eine abgeschlossene Ausbildung. »Das ist ein historisches Tief«, sagt Franziska Brychcy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, zu »nd«. Im vergangenen Jahr wurden noch 1273 ausgebildete Lehrer*innen eingestellt.
Die große Lücke müssen Referendar*innen und Quereinsteiger*innen, sowie 3141 »Sonstige Lehrkräfte«, darunter fast 2000 Studierende, füllen. »Quereinsteiger*innen, Referendar*innen und auch Student*innen sind sehr engagiert, aber man kann sie ja nicht voll einsetzen«, sagt Franziska Brychcy. »Die sollten eigentlich hospitieren und lernen.« Es sei sowieso schon herausfordernd, sich pädagogisch und didaktisch weiterzubilden und gleichzeitig zu unterrichten. »Teilweise unterrichten sogar Bachelorstudent*innen eigenverantwortlich Klassen.«
Die Linksfraktion kritisiert schon die Berechnung des Bedarfs. »Stellen, die aus der Not heraus mit anderen Professionen wie etwa Erzieher*innen oder Psycholog*innen besetzt wurden, werden einfach aus dem Bedarf herausgerechnet«, so die Bildungspolitikerin. Dazu komme, dass Referendar*innen seit vergangenem Jahr zehn anstatt bisher sechs Stunden pro Woche unterrichten müssten. Mit diesen Rechentricks sei der Bedarf um 1000 Vollzeitstellen nach unten korrigiert worden. »Und selbst wenn man diese Mogelpackung außen vor lässt, bleibt der Personalmangel an den Berliner Schulen weiterhin dramatisch.« Darunter leide selbstverständlich auch die Bildungsqualität.
Für die Zukunft erwartet die Linke-Politikerin keine Besserung. Grundlage für diese Einschätzung ist der Haushaltsentwurf des Senats für 2026/2027. Die Kürzungen bei der Grundfinanzierung der Hochschulen und bei den Sondermitteln für Lehrkräftebildung hätten absehbar massive Auswirkungen auf die Anzahl der Absolvent*innen, so Brychcy. »Das ist fatal für die Zukunft. Ein Ende des Mangels ist auf diese Weise nicht in Sicht.«
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