Anklage gegen Linke-Politikerin wegen Legida-Protest

Sächsische Justiz will keinen Ungehorsam gegen rechte Aufmärsche: Landtagsabgeordnete Nagel wird öffentlichen Aufforderung zu Straftaten vorgeworfen / Ermittlungen gegen Grünen-Politikerin Lazar dauern an

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Wegen des Aufrufs zu zivilem Ungehorsam gegen die rechtsradikale Legida-Bewegung in Leipzig soll nun offenbar Anklage gegen die Linkenpolitikerin Juliane Nagel erhoben werden. Die Staatsanwaltschaft Leipzig geht seit Monaten wegen eines Blockade-Aufrufs gegen die Landtagsabgeordnete vor. Nun haben die Ermittlungsbehörde ihren beiden Anwälten mitgeteilt, dass Anklage erhoben wird, sagte Nagel am Samstag.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage noch erklärt, die Ermittlungen gegen Nagel und die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten dauerten an. Dazu sagte Behördensprecher Ricardo Schulz, dies sei kein Widerspruch. Nagel sei eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden. Solange seien die Ermittlungen gegen sie lediglich vorläufig abgeschlossen. Erst nach Ablauf der Frist werde endgültig über den Abschluss der Ermittlungen entschieden. Um Nagel anklagen zu können, müsste die Aufhebung ihrer Immunität beantragt werden. Das Verfahren gegen Lazar läuft laut Behörde noch.

Beide hatte im Januar an einer Pressekonferenz teilgenommen, bei der eine »Leipziger Erklärung« gegen die rechte Legida-Bewegung vorgestellt wurde. Lazar hatte gesagt, man wolle dem ausländerfeindlichen und islamophoben Bündnis den Leipziger Ring nicht überlassen. Nagel hatte erklärt, man rufe zum zivilen Ungehorsam auf.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt nun bereits seit rund fünf Monaten wegen des Verdachts einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. Lazar und Nagel hatten die Vorwürfe der Ermittlungsbehörde stets zurückgewiesen. »Während Legida-Anhänger unbehelligt auf Journalisten losgehen können, werden Sprecher breiter Protestbündnisse mit Strafverfahren überzogen«, hatte Nagel in einer Erklärung auf ihrer Website seinerzeit erklärt. Das sei die bittere sächsische Realität. Lazar sprach von einem erneuten Versuch einer sächsischen Staatsanwaltschaft, Widerstand gegen Rechts zu kriminalisieren. »Friedliches, zivilgesellschaftliches Engagement gegen rassistisch motivierte LEGIDA-Demonstrationen ist zum Schutz unserer Demokratie unverzichtbar«, so im Februar die Grünen-Abegordnete.

Auch das »Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz«, dessen Sprecherinnen Lazar und Nagel sind, kritisierte die Ermittlungen der Polizei. Würde man der Logik der Staatsanwaltschaft folgen, müsste es ebenfalls Verfahren gegen die 2000 menschen geben, die den Protestaufruf im Netz unterschrieben haben, so Friis Neubert vom Aktionsnetzwerk. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen zeigten sich 24 andere Unterstützer der »Leipziger Erklärung« selbst an. Die Staatsanwaltschaft sah bei ihnen jedoch keinen Straftatverdacht. Bei den Äußerungen von Lazar und Nagel könnte das nach Einschätzung der Ermittler anders sein. Das sächsische Versammlungsgesetz sieht »grobe Störungen« von Demonstrationen, wie etwa Sitzblocken, als strafbar an.

Derweil hat Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit Blick auf die rechte Legida-Bewegung erklärt, es sei wichtig gewesen eine klare Haltung zu zeigen. »Ich bleibe dabei: Mit den Organisatoren setze ich mich nicht an einen Tisch, weil ihre Menschen beleidigende und fremdenfeindliche Haltung eindeutig ist.« Man werte Rassisten auf, wenn man sich auf Augenhöhe mit ihnen an einen Tisch setze. Bürger, die ihre Sorgen und Anliegen vorbringen wollten, seien ihm aber herzlich willkommen. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal