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BFC gegen BFC: Fußball in der Westberliner Vororthölle

BallHaus Ost: Preussen, Dynamo und der Bruder aller Großhändler

Fußball in der Westberliner Vororthölle: Das Preussenstadion gehört immerhin dem BFC Preussen
Fußball in der Westberliner Vororthölle: Das Preussenstadion gehört immerhin dem BFC Preussen

Die unbarmherzige Berliner Augustsonne brachte bereits vorm Anpfiff des Kicks BFC gegen BFC mein Hirn zum Kochen. Endstation Alt-Mariendorf – und dann per Pedes in die Westberliner Vororthölle, vorbei an Autobuden, billigen Fastfoodspelunken, tristen Tankstellen und noch tristeren Altneubauten mit gemähten Gartenstreifen (Betreten auf eigene Gefahr).

Gernegroß und Größenwahn

Endlich erreicht der müde Wanderer das Preussenstadion. Ja, richtig gelesen, die Berliner Preussen werden im Widerspruch zu den Münsteraner Preußen mit einem doppelten »s« geschrieben, anstatt mit dem schönen »ß«. Noch fiel das Eszett keiner Rechtschreibreform zum Opfer und kann sich weiter in hübschen Worten wie Großhändler, Gernegroß oder Größenwahn tummeln. Alles Worte aus der Fußballsprache, wie auch der liebste Sport himself sich über ein Eszett freuen darf. Er wird dank seines »ß« zum Bruder aller Großhändler, der seine Fähigkeit zum Gernegroß ohne Weiteres im Größenwahn eines temporären Fußballpräsidialamts ausleben kann.

Ballhaus Ost
Fussball, Herren, 2. Bundesliga, Saison 2014/2015 (10. Spieltag)...

Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.

Ob der BFC Preussen von einem Großhändler beherrscht wird, entzieht sich derweil meiner Kenntnis. Obgleich im Vereinsheim Typen Marke Großhändler herumgockeln und das Gernegroßchaos regiert – in Lankwitz man wähnt sich wohl noch in den Tiefen des Berliner Fußballs, als höchstens drei verwirrte Randberliner auftauchten, um die endemischen Preussen beim Ballhaschen zu beobachten und vom halbschalen Berliner Kindl (manche behaupten es sei Bier) niedergestreckt zu werden.

Sie werden in der Regionalliga schon dazulernen, der Ansturm von 700 Dynamo-Fans und 320 weiteren Neugierigen füllten Tribüne und Gästeblock anständig. Immerhin gehört Preussen das Stadion. Und das gereichte ihnen bei der Einzäunung des Gästeblocks und dem Aufpimpen ihres scheckigen Schmuckstücks zum Vorteil. Wo Vereine, die in städtischen Stadien kicken müssen, gern mal zwei Jahre warten, bis der nichtsnutzige Stadtteilbürokrat dringend benötigte Umbauten genehmigt oder gar einen Auftrag vergibt, brauchten die Preussen ganze sechs Wochen.

Hellwache Ordner, gelangweilte Polizisten

Einige Ordner zeigten sich beim Viertligakick hellwach und warfen mit Unterstützung gelangweilter Polizisten während des Spiels einen Reichsbürger – der mit einem Reichsbürgerausweis herumwedelte, wie mir aufgeschlossene Beobachter der Aktion steckten – aus dem Heimblock. Ich konnte einen Blick auf diesen Nichtsnutz erhaschen, der als weiteren Hinweis seiner Gefährlichkeit über ein Handtuch verfügte, nebst einer adaptierten Schweißer-Sonnenbrille mit aufgepflanztem Ventilator und einem T-Shirt mit dem Gebot: Opas gegen links. Es hätte auch ein aufgepflanztes Bajonett gewesen sein können, als Reminiszenz ans alte Preußen, das nicht unbedingt für übertriebene Friedfertigkeit bekannt war. Aber die alten Gernekrieger-Preußen waren wiederum ß-Freunde und hätten als solche nur sehr wenig Verständnis für das Doppel-s der Fußball-Preussen.

Friedlich ging es auf dem Platz zu, die mit zwei Niederlagen in die Saison gestarteten Dynamokerlchen durften zweimal jubeln, die schwarzweißen Preussenjungs einmal. Darauf eine Friedenspfeife in Preußischblau!

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