- Politik
- Francesca Albanese gecancelt
Uni fürchtet angeblich »Meinungskampf«
Räume für UN-Sonderberichterstatterin in München entzogen
Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zählt zu den Top 50 weltweit, doch nicht bei der Meinungsfreiheit: Ihre Leitung hat den Raum für einen am 15. Februar geplanten Vortrag der UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete Francesca Albanese gecancelt. Dieser trägt den Titel »Kolonialismus, Menschenrechte und Völkerrecht« und sollte auf den Gaza-Krieg eingehen.
Zur Begründung der Absage heißt es angeblich, die »politische Veranstaltung zu Israel/Palästina« könne einen »Meinungskampf« auslösen. So beschreibt es die an der LMU angedockte »Decolonial Practices Group«, die nun – bisher allerdings erfolglos – einen alternativen Ort sucht. Die Hochschule nennt jedoch einen anderen Grund für das Canceln des Termins: »Die LMU stellt grundsätzlich keine Räumlichkeiten für allgemeinpolitische Veranstaltungen zur Verfügung«, sagt eine Sprecherin auf Nachfrage von »nd«.
Die italienische Juristin Albanese wurde 2022 vom UN-Menschenrechtsrat für ihr dreijähriges Ehrenamt benannt und ist an strenge Integritätsstandards gebunden. Dazu ergreift Albanese Partei: Sie kritisiert Israel für Siedlerkolonialismus, Apartheid und Völkermord – Vorwürfe, die zu Haftbefehlen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den Premier und seinen Ex-Verteidigungsminister führten.
Unterstützer*innen der israelischen Regierung werfen Albanese vor, auf X den Gaza-Krieg mit dem Holocaust verglichen zu haben. Dort verwies sie auf historische Lehren aus der NS-Zeit. Hochrangige Politiker*innen rechtfertigen das mörderische Vorgehen Israels nach dem 7. Oktober jedoch selbst mit Gräueltaten der Nazis und fordern wie durch Alliierte im Zweiten Weltkrieg Bombardierungen palästinensischer Städte – zu solchen Verbrechen will Albanese in München sprechen.
Zukünftig könnten Einschränkungen wie an der LMU zunehmen: Am Mittwoch beschloss der Bundestag eine »Antisemitismus-Resolution« mit Passagen zu »Israelfeindlichkeit«. Unter Akademiker*innen sorgt dies für heftige Kritik. Auch die »Decolonial Practices Group« sieht ein »beunruhigendes Muster« deutscher Diskussionskultur zu Palästina, das akademische Freiheit gefährdet.
Eine weitere Veranstaltung mit Albanese am 16. Februar stand auf der Kippe, nachdem die Katholische Akademie der Münchner Friedenskonferenz ihre Räume nicht mehr überlassen wollte – laut Veranstaltenden, nachdem das Programm übermittelt worden war. Man habe den Vertrag aber storniert, weil verlangt worden sei, dass die Akademie darin auf ein außerordentliches Kündigungsrecht verzichtet, sagte deren Sprecher zu »nd«. Anders als die Uni-Gruppe hat die Friedenskonferenz Ausweichräume in der Innenstadt gefunden.
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