Überbordendes Elend

Peter Steiniger zu den staatlichen Maßnahmen zur Reduzierung von Obdachlosigkeit in Brasilien

An vielen Orten in der Megametropole São Paulo sind Armut und Obdachlosigkeit gegenwärtig.
An vielen Orten in der Megametropole São Paulo sind Armut und Obdachlosigkeit gegenwärtig.

Unter Präsident Lula da Silva hat die soziale Frage politisch wieder Priorität. Angesichts der dramatisch ungleichen Verteilung des Vermögens in der Gesellschaft Brasiliens und von Armut gezeichneten Peripherien seiner Metropolen ist das sowohl eine Frage der Gerechtigkeit als auch eine gigantische Herausforderung. Nicht nur dort zeigt sich die Unmenschlichkeit einer dem Profitstreben unterworfenen Ökonomie besonders bei der Verweigerung des Menschenrechts auf Wohnen für diejenigen, die sich dieses finanziell nicht leisten können. Ein fehlendes Dach über dem Kopf bedeutet den Fall ins Elend.

Solche Armut und extremer Reichtum existieren dabei Seite an Seite: Nach Erhebungen der Universität von Minas Gerais entfallen auf Südamerikas Wirtschafts- und Finanzzentrum São Paulo 43 Prozent der Obdachlosen des Landes. Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl derer, die in Brasilien auf der Straße liegen, um ein Viertel gestiegen. Viele müssen vor Wuchermieten kapitulieren, während gleichzeitig Hunderttausende Immobilien als Spekulationsobjekte leerstehen.

Die nun von der Regierung beschlossenen Maßnahmen, um wohnungslosen Familien wieder ein Zuhause zu geben, gehen das Problem zwar an. Seine Lösung liegt dennoch in weiter Ferne. Am Kern rühren sie nicht. Es sind Massenbewegungen wie die der wohnungslosen Arbeiter MTST und der Landlosen MST, die seit Jahrzehnten praktische Solidarität leisten und mit Besetzungen offensiv die Eigentumsfrage stellen. Staatliche Wohltaten können und werden ihren Kampf nicht überflüssig machen.

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