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Die Kleinen geben gegen den Fußball langsam auf
Durch die Klub-WM nimmt die mediale Verdrängung anderer Sportarten durch den Fußball noch weiter zu
Wenn sich ein Bereich noch immer dem langsam voranschreitenden Reichweitenverlust des linearen Fernsehens widersetzt, dann sind es Sportübertragungen. Lieblingssendungen warten in Mediatheken auf den selbst gewählten perfekten Zeitpunkt zum Anschauen, neue Serien werden zudem häufig direkt von Streaming-Plattformen wie Netflix produziert. Doch für eingefleischte Sportfans bleibt das Live-Erlebnis unverzichtbar.
Aus diesem Grund geben Fernsehsender noch immer Milliarden für Übertragungslizenzen aus, allerdings nur auf wenige Sportarten wie Fußball, Profiboxen oder Tennis sowie wenige Großereignisse wie Olympischen Spiele beschränkt. Verbandsvertreter kleinerer Sportarten haben es fast überall aufgegeben, die ungerechte Behandlung überhaupt noch zu kritisieren. Sie geben sich mit einem Nischendasein weit hinter dem Fußball zufrieden, der sie mit der nun immens vergrößerten Klub-WM noch weiter von der Bildfläche verdrängt.
Dabei existieren durchaus Beispiele für ein besseres Nebeneinander: In Nordamerika sind seit Jahrzehnten Baseball, American Football, Basketball und Eishockey nahezu gleichauf in der Gunst der Sportfans. Klubs und Veranstalter der vier Ligen erreichen täglich Millionen TV-Zuschauer und setzen Milliarden Dollar um. In Polen hat sich wiederum Volleyball zum zweiten Zuschauermagnet neben dem Fußball entwickelt: Die heimische Liga lockt längst die größten Stars an, das Nationalteam der Männer wurde im vergangenen Jahrzehnt mehrfach Welt- und Europameister. Dass die deutschen Volleyballer im olympischen Viertelfinale von Paris um mickrige zwei Punkte unglücklich am späteren Sieger Frankreich scheiterten, hat hierzulande dagegen kaum jemand mitbekommen.
Dabei war die Streaming-Plattform Dyn doch eigentlich angetreten, Teamsportarten abseits des Fußballs hierzulande mehr in den Vordergrund zu rücken. Doch speziell beim Volleyball ist zu erkennen, dass nicht viel dahintersteckt. Die Übertragungen der Bundesligaspiele müssen die klammen Klubs meist in Eigenregie stemmen, die Partien der Nationalteams wie aktuell in der Nations League laufen nicht im Fernsehen.
Selbst ARD und ZDF übertragen lieber Drittligafußball als Weltmeisterschaften im Schwimmen.
Wollten deutsche Fans ihr Team sehen, mussten sie für monatlich knapp 15 Euro den englischsprachigen Dienst des Volleyball-Weltverbandes abonnieren. Nun, mitten in der Saison, steigt plötzlich das ZDF in die Übertragung der Nations League ein – per Livestreams im Internet. Derzeit laufen auch die Weltmeisterschaften im Judo, aber nur der Weltverband zeigte sie diese Woche auf seiner Website.
Ein Teil des Problems sind sogenannte Sportsender im linearen TV. Als sich die Volleyballer in Kanada spannende Duelle lieferten, zeigte Sport1 frei empfangbar lieber Sendungen wie »My Style Rocks« oder »Die PS-Profis«, der zu bezahlende Kanal Sport1+ übertrug Motorsport aus Australien und US-Baseball aus der Konserve.
»Wir würden uns freuen, wenn Volleyball – vor allem mit unseren Nationalteams – noch stärker im Free-TV präsent wäre. Internationale Wettbewerbe wie die Nations League oder Weltmeisterschaften sind eine große Chance, unsere Sportart sichtbarer zu machen, weiterzuentwickeln und neue Fans zu gewinnen«, teilte der Deutsche Volleyball-Verband auf nd-Anfrage mit. »Insgesamt sehen wir großes Potenzial für Volleyball in Deutschland. Deshalb hoffen wir, dass Sender und Medienhäuser die Chance erkennen, mit hochklassigem internationalem Volleyball attraktive Inhalte jenseits des Fußballs zu bieten.«
Stattdessen werden erneut die Spiele von Bayern München und Borussia Dortmund übertragen – bei der Klub-WM in den USA, live von Sat.1. Die gleichzeitig stattfindende Basketball-EM der Frauen läuft nur beim Streamingdienst Magentasport im Netz. Natürlich ist die Fanbasis – und damit die potenzielle Zuschauerzahl – im Fußball größer. Daran wird sich aber nichts ändern, wenn die Sender ihre Strategie beibehalten. Und: Die Konzentration auf den Fußball wird stattdessen noch größer. Selbst ARD und ZDF übertragen regelmäßig lieber Drittligafußball als Weltmeisterschaften im Schwimmen.
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Dieses Vorgehen ist sogar Vorgabe: Der Rundfunkstaatsvertrag listet unter »Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung« nur Olympische Spiele sowie EM, WM, DFB-Pokal und Europapokalspiele im Fußball auf. Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), kritisierte in den vergangenen Jahren ARD und ZDF dennoch mehrfach dafür, dass sich nicht mal die Öffentlich-Rechtlichen für die Rechte an wichtigen Turnieren der überaus erfolgreichen deutschen Basketballer interessiert gezeigt hatten.
Auch wenn sich der DBB gegenüber »nd« nun deeskalierend »sehr zufrieden mit unserem Medienpartner Magentasport« zeigt, wo die Spiele kostenlos zu sehen sind, erreichen diese dort doch meist nur Basketball-Klientel. Eine Erweiterung der Fanbasis wird so schwer. Und der durchaus zu spürende Aufschwung auch für die Frauen dürfte nach der Heim-EM medial ebenso verpuffen wie der erhoffte Boom nach dem ersten deutschen WM-Titel der Männer vor knapp zwei Jahren.
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